Wasserstoff als „riesige Chance“
Das Land Nordrhein-Westfalen will den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft beschleunigen. Die Region Westfalen spielt dabei eine wichtige Rolle.
Die Wasserstoff-Roadmap, die NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart vorgestellt hat, rechnet vor, dass die Nachfrage nach Wasserstoff an den Industrie- und Chemiestandorten im Kreis Recklinghausen und in Gelsenkirchen sowie auch im Kreis Soest und im Münsterland bis 2050 enorm steigen wird.
Für Soest gilt die industrielle Branchenstruktur als Grundlage für diese Annahme. „Im Fokus stehen dabei die Zement- und die Stahlindustrie. Nach den „Nordrhein-Westfalen-Zielmarken 2030“ dieser Roadmap sollen landesweit Verfahren zum Einsatz von Wasserstoff in der Zementindustrie entwickelt und geprüft werden. Die auf Wasserstoff basierte Stahlherstellung soll ausgebaut werden“, erklärt ein Sprecher des Kreises Soest auf Anfrage des WESTFALENSPIEGEL.
Kreis Steinfurt in Vorreiterrolle
Auch der Kreis Steinfurt ist vorne mit dabei. Dort hatte man es im NRW-weiten Wettbewerb „Modellregion Wasserstoffmobilität“ bis ins Finale geschafft, den Zuschlag erhielt dann aber die Region „DüsselRheinWupper“. „Wir machen trotzdem weiter“, sagt Silke Wesselmann, Geschäftsführerin von Energieland 2050 im Kreis Steinfurt. An fünf Standorten sollen dort bis zum Jahr 2030 aus regenerativem Strom 5750 Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden. Bürgerbusse, Busse, Müllfahrzeuge und Züge sollen auf diese Weise angetrieben werden.
Für zusätzlichen Schwung sorgte die Nachricht, dass in Saerbeck eine Fabrik für grünen Wasserstoff gebaut werden soll. Enapter, ein Spezialist für Wasserstoff-Technologie, errichtet dort ab 2021 eine Massenfertigung für Elektrolyseure. Mit den ersten Leuchtturmprojekten solle jetzt gestartet werden, so Wesselmann weiter. Dazu gehört die Umstellung der Buslinie S50 von Münster nach Ibbenbüren auf Wasserstoff. Unter der Marke „HYMAT-Energie“ gründet sich Anfang Dezember außerdem ein Unternehmensnetzwerk speziell zu Wasserstoffthemen.
Bei der Vorstellung der Wasserstoff-Roadmap NRW sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart: „Wasserstoff bietet uns riesige Chancen auf dem Weg zu einer grünen und modernen Industrie: Konsequent eingesetzt, können wir damit in Zukunft ein Viertel unserer heutigen CO2-Emissionen einsparen. Auch wirtschaftlich erwarten wir einen Schub: Bis zu 130.000 zusätzliche Arbeitsplätze können in Nordrhein-Westfalen entstehen.“
Bestehendes Wasserstoffnetz als Pfund
NRW habe gute Voraussetzungen, Vorreiter der Wasserstoffwirtschaft zu werden. Dazu trage nicht nur eine hohe Nachfrage, sondern auch eine hohe Industriedichte, gepaart mit der bereits bestehenden Infrastruktur und einer engen Verflechtung mit europäischen Nachbarregionen bei, heißt es in der Roadmap. Ein wichtiges Pfund ist das bereits bestehende Wasserstoffnetz, das von Castrop-Rauxel über Marl bis nach Leverkusen verläuft. Mit einer Gesamtlänge von 240 Kilometern ist es das bisher größte Wasserstoffnetz in Deutschland.
Fördermittel vom Bund treiben das Wasserstoffnetzwerk in Westfalen weiter voran. So erhalten mit HyDrive OWL und Hy-LandEL zwei Projekte 300.000 Euro für die Entwicklung von Feinkonzepten im sogenannten HyLand Wettbewerb des Bundes. Bei HyDrive OWL wollen der Kreis Lippe zusammen mit der Stadt Bielefeld und dem Kreis Minden-Lübbecke Verkehrsanwendungen in allen Fahrzeugklassen mit regional erzeugtem grünen Wasserstoff versorgen. Im Hy-LandEL will der Kreis Recklinghausen stellvertretend für die Emscher-Lippe-Region ein integriertes Konzept zum Einsatz von Wasserstoff in Mobilität und Logistik erstellen.
Neues „Wasserstofflabor Ruhr“ geplant
In der Metropolregion Ruhr soll zudem ein „Wasserstofflabor Ruhr“ entstehen, in dem die Kompetenzen verschiedener Akteure vernetzt werden. Hier können innovative Technologien im Bereich der Elektrolyse umgesetzt, getestet und validiert werden, heißt es in der Roadmap: „Der zukünftige Markt für Elektrolyseure wird nach diversen Prognosen im dreistelligen Gigawatt Bereich liegen. Für die Metropolregion Ruhr bietet sich die Chance, zu einem Zentrum dieses Zukunftsmarkts zu werden.“
jüb/wsp
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