11.06.2021

Weniger Unternehmensinsolvenzen

Die Zahl der Insolvenzen ist im ersten Quartal des Jahres in Westfalen deutlich gestiegen. Während der Trend bei Unternehmensinsolvenzen rückläufig ist, stieg die Zahl vor allem bei den Verbraucherinsolvenzen und bei ehemals selbstständig Tätigen.

Im Regierungsbezirk Münster wurden im ersten Quartal 1081 Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahren gestellt. Das waren 233 oder 27,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, teilt das statistische Landesamt mit. Die Unternehmensinsolvenzen nahmen aber um 21,8 Prozent ab. Ähnlich sieht es auch in den anderen beiden Regierungsbezirken aus. In Detmold stieg die Zahl der Insolvenzen um rund 10 Prozent, die Zahl der Unternehmenspleiten sank gleichzeitig um 26,1 Prozent. In Arnsberg nahmen die Insolvenzen um rund 30 Prozent zu, die Insolvenzen von Unternehmen aber um 4,7 Prozent ab.

Dass sich die Zahlen bei den Unternehmen so positiv entwickelt haben, liege vor allem an der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen im Rahmen der Corona-Hilfemaßnahmen sowie an den staatlichen Unterstützungsprogramme, so die IHK-Nord Westfalen. Zwar rechnen die Experten dort nicht mit einer kommenden Insolvenzwelle, doch werden die Zahlen der Unternehmensinsolvenzen wieder steigen, sind sich die Experten sicher.  

„Mit dem Rücken zur Wand“

Darauf deuten auch die landesweiten Zahlen für April hin, die IT.NRW am Freitag veröffentlicht hat. Demnach beantragen 400 Unternehmen in NRW ein Insolvenzverfahren. Das waren 22,7 Prozent mehr als im April 2020 (326 Verfahren) aber 116 Anträge weniger als im April 2019 (516 Verfahren), also im Vorkrisenjahr. Die Zahl der Insolvenzverfahren von Verbrauchern stieg gegenüber April 2020 um 139,3 Prozent auf 1740 Anträge.

„So manches Unternehmen steht nach mehr als einem Jahr Pandemie auch mit dem Rücken zur Wand. Nicht nur bei vielen Soloselbstständigen und kleinen Unternehmen sind die privaten Rücklagen aufgebraucht“, sagt Sven Wolf, Geschäftsbereichsleiter Weiterbildung und Unternehmensförderung bei der IHK Nord Westfalen. Das gelte vor allem in den besonders betroffenen Branchen wie dem Gastgewerbe, Teilen des Einzelhandels, Freizeit- und Tourismuswirtschaft, Kultur- und Kreativwirtschaft. 

„Man darf auch nicht vergessen, dass die Betriebe in Maßnahmen zum Schutz ihrer Mitarbeiter und Kunden investiert und in den vergangenen Monaten bereits mehrfach die Wiedereröffnung vorbereitet, nur um sie dann doch wieder verschieben zu müssen“, sagt Wolf. Zahlreiche Unternehmen wären daher mit den Nerven am Ende. Sie geben auf, schließen die Türen ab und melden ihr Gewerbe ab, ohne ein Insolvenzverfahren zu eröffnen.

IHK fordert Tilgungszuschuss für Kredite

Die IHK sieht noch eine weitere Herausforderung für die Unternehmen: Denn zahlreiche Betriebe mussten während der Pandemie Kredite aufnehmen. „Wenn die hoffentlich demnächst wieder eintretenden Gewinne allerdings nur für die Schuldentilgung genutzt werden können, fehlt dringend benötigtes Kapital für Investitionen in die Zukunft“, so Wolf weiter. Daher fordert die IHK: Zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und Sicherung von Arbeitsplätzen sollte daher auch über einen Tilgungszuschuss bei Corona-bedingten Krediten nachgedacht werden, gekoppelt an objektiv messbare Kriterien wie etwa Arbeitsplatzgarantien oder Investitionszusagen.

jüb/wsp

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