Wer wird CDU-Vorsitzender?
Mit Spannung wird die Wahl des neuen Bundesvorsitzenden der CDU an diesem Wochenende erwartet. Drei Kandidaten haben sich um den Vorsitz beworben. Mit Friedrich Merz kommt einer von ihnen aus Westfalen.
Außerdem haben NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und CDU-Außenexperte Norbert Röttgen ihren Hut in den Ring geworfen. Politikexperten erwarten, dass es auf eine Entscheidung zwischen Merz und Laschet hinausläuft. Röttgen werden allenfalls Außenseiterchancen eingeräumt.
„Bei der Entscheidung geht es um eine Richtungswahl. Mit Merz würde die CDU mehr auf Abgrenzung auch zu anderen Parteien setzen. Er ist der Kandidat der klaren Kante, der der Partei ein eigenes wirtschaftsliberales Profil geben will. Laschet steht dagegen für einen Kurs der Mitte, für eine Fortsetzung der Politik im merkelschen Sinne und für Annäherung an andere Parteien“, sagt Norbert Kersting, Professor für Vergleichende Politikwissenschaft – Kommunal- und Regionalpolitik, an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Erstmals digitaler Parteitag
Der Bundesparteitag findet zum ersten Mal in digitaler Form statt. „Das bedeutet auch, dass einige gruppendynamische Prozesse nicht funktionieren werden. Eine Rede wirkt vor einem realen Publikum anders, dem Redner selbst fehlt die Reaktion der Zuhörer. Auch die Gespräche der Delegierten untereinander zwischen den einzelnen Redebeiträgen entfallen bei einem digitalen Parteitag“, analysiert Kersting im Gespräch mit dem WESTFALENSPIEGEL.
Besondere Brisanz erhält die Wahl auch dadurch, dass im Herbst Bundestagswahlen anstehen und dann ein neuer Kanzler gesucht wird. Der neu gewählten CDU-Vorsitzenden hat traditionell gute Chancen auch Kanzlerkandidat der Unionsparteien zu werden. Nach Auffassung von Eva Irrgang, Landrätin im Kreis Soest und Fraktionsvorsitzende der CDU in der Landschaftsversammlung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, wird das bei der Abstimmung durchaus Einfluss auf die Entscheidung manch eines Delegierten haben: „Es ist eine gute Tradition, eine wichtige Weichenstellung und eine aus meiner Sicht unverzichtbare Vorgehensweise, dass der CDU-Vorsitzende auch als Kanzlerkandidat nominiert wird. Das wird bei der Abstimmung in der Tat eine große Rolle spielen.“
Merz steht für neoliberale Politik
Das sieht der Politikwissenschaftler Kersting ähnlich. Die Bundestagswahl und den möglichen Kanzlerkandidaten haben die Delegierten sicher im Hinterkopf. Der Sauerländer Merz stehe für eine eher neoliberale Politik, so Kersting. Der natürliche Partner für ein Parteienbündnis mit Friedrich Merz an der Spitze der CDU sei die FDP. Laschet aber auch Röttgen seien dagegen für Koalitionen etwa mit den Grünen offener.
Irrgang hat schon einen Favoriten, verrät aber noch nicht, wen sie wählen wird. An den neuen Vorsitzenden der Partei, wer auch immer es werden wird, hat sie klare Erwartungen. „Ich erwarte von dem gewählten neuen Vorsitzenden, dass er die Partei eint und die Themen anpackt, die sowohl der Partei als auch den Bürgerinnen und Bürgern auf den Nägeln brennen“, sagt Irrgang.
Die aktuellen Herausforderungen lägen ja auf der Hand: „Wir müssen gemeinsam gut durch die Corona-Krise kommen. Die Wirtschaft muss zum Wohle aller trotz Pandemie stark bleiben, der Klimaschutz ist von herausragender Bedeutung für unsere gemeinsame Zukunft und die Digitalisierung wird alle unsere Lebensbereiche erreichen müssen, wollen wir den Anschluss nicht verlieren. Keinen dieser Punkte dürfen wir aus den Augen verlieren, alle diese Themen müssen mit Tatkraft angegangen werden“, so die Landrätin.
Einfluss NRWs in Berlin steigt
Sicher ist schon jetzt: Der neue Bundesvorsitzende der CDU und Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer kommt aus Nordrhein-Westfalen. Damit erhält der Landesverband NRW noch noch mehr Einfluss in Berlin. So stammt der Generalsekretär der Partei, Paul Ziemiak, stammt aus Iserlohn, der Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Ralph Brinkhaus, kommt aus Gütersloh. Außerdem sind zwei Ministerposten im Bund mit Vertretern der NRW-CDU besetzt: Gesundheitsminister Jens Spahn und Bildungsministerin Anja Karliczek stammen beide aus dem Münsterland.
Jürgen Bröker/wsp