Vom Leopard bis zum Zebra: Die Sammlung des LWL-Naturkundemuseums im neuen Zentralmagazin. Foto: LWL/Steinweg
28.06.2019

„Wind und Wetter haben Zutritt“

Ob es sich um wertvolle Gemälde, versteinerte Schnecken oder historische Dokumente geht: Die Bewahrung der Sammlung zählt zu den Kernaufgaben von Museen.

Oftmals wird der Bestand hinter den Kulissen aber wenig beachtet und unter provisorischen Bedingungen gelagert. Mit dem neuen Zentralmagazin für Museumsgut hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in Münster ein Modell präsentiert, das helfen soll, diese Situation zu verbessern. Verschiedene Museen können dort Flächen mieten und ihre Bestände sicher aufbewahren. Dr. Ulrike Gilhaus, Leiterin des LWL-Museumsamtes, spricht im Interview mit westfalenspiegel.de über gute und schlechte Lagerbedingungen, die Situation der Museen in Westfalen und das neue Zentralmagazin als Vorbild.

Frau Gilhaus, Westfalen hat mehr als 600 Museen, wie steht es um die Lagerung der Sammlungen?
Viele Museen sind in historischen Gebäuden angesiedelt und die Räume sind unter Umständen schon für die Präsentation der Sammlung nur eingeschränkt geeignet. Wenn es um die Lagerung geht, ist die Situation dann häufig noch kritischer: Die Objekte befinden sich auf dem Speicher, wo es immer starke Temperaturschwankungen gibt und manchmal sogar Wind und Wetter Zutritt haben, oder in einem feuchten Keller, in dem es vielleicht Schimmel oder einen Befall durch Insekten oder Nagetiere gibt. Teilweise sind Räume so vollgestopft, dass man sich kaum zu den Stücken vorarbeiten kann. Schlechte Lagerbedingungen haben einen Substanzverlust für Museen zur Folge. Die Sammlung zerfällt dann im wahrsten Sinne des Wortes.

Dr. Ulrike Gilhaus

Dr. Ulrike Gilhaus

Was kann das LWL-Museumsamt hier tun?
An erster Stelle steht für uns die Begutachtung der Lagerräume. Dabei geht es auch um die Frage, ob sie ausreichend groß sind, denn in kleinen Räumen besteht eher die Gefahr, dass sich Feuchtigkeit ansammelt. Das Raumklima muss den Bedingungen entsprechen, die das Museumsgut stellt, und die können sehr unterschiedlich sein. Beispielsweise kann Metall weniger Feuchtigkeit vertragen als Holz. Unsere Restauratoren erfassen und dokumentieren die Klimabedingungen zunächst. Sie beraten die Museen dann, was sie verbessern können, um ihre Sammlung angemessen und sicher zu lagern.

Gibt es genügend Bewusstsein für diese Anforderungen?
Die allermeisten Museumsleitungen wissen, wie wichtig gute Lagerbedingungen sind. Es ist dann in der Regel ein finanzielles Problem und da ist es nicht immer einfach, den Museumsträger, also in vielen Fällen eine Kommune, zu überzeugen, Geld in ein angemessenes Depot zu investieren. Politiker geben im Allgemeinen gern Geld für sichtbare Dinge aus, also beispielsweise für eine Ausstellung, die von Bürgern oder auch Schulklassen besucht wird. Die Forschungsarbeit und die Bewahrung der Sammlung zählen ebenso zum Auftrag der Museen, aber sie finden hinter den Kulissen statt und werden daher weniger unterstützt.

Zögern auch Museumsleitungen, die Sammlung in ein Depot zu geben?
Es gibt Beispiele für Leiterinnen und Leiter, die großen Wert darauf legen, ihre Sammlung in unmittelbarer Nähe zu haben. Es ist ihnen wichtig, täglich mit den Objekten zu arbeiten. Auf Grund meiner langjährigen Erfahrung als Museumsleiterin bin ich überzeugt, dass dies organisatorisch anders gelöst werden kann. Ich halte es für eine zumutbare Einschränkung, wenn ein Teil der Forschungsarbeit mit digitalen Bildern am Bildschirm geschieht und man dann vielleicht nur noch einmal pro Woche ins Depot fährt, das sich an einem anderen Ort befindet.

Das Zentralmagazin in Münster. Foto: LWL/Steinweg

Das Zentralmagazin in Münster. Foto: LWL/Steinweg

Ist ein Zentralmagazin, so wie es nun in der Speicherstadt in Münster steht, ein praktikables Modell?
Ja. Für Museen ist es in der Regel sehr aufwendig und zu teuer, eigene qualifizierte Depots mit Erweiterungsflächen zu betreiben. Die Anmietung von Flächen in einem Zentralmagazin kann eine gute Lösung sein, da man sich dort nicht ständig um Themen wie Sicherheit, Raumklima oder juristische Verträge kümmern muss – auch Erweiterungsflächen gibt es dort. Einen positiven Nebeneffekt gibt es außerdem noch. Ich habe aus anderen Bundesländern von Fällen erfahren, in denen Museumsleitungen durch dieses Modell miteinander ins Gespräch gekommen sind und schließlich überlegen, wie man die Sammlungskonzepte abstimmen kann. Nicht jedes Museum muss etwa bestimmte volkskundliche Objekte haben. Bei vielen Themen könnten sich die Häuser in den Regionen darüber verständigen, wer welche Schwerpunkte in der Sammlung setzt. Ein gemeinsames Depot kann so etwas anstoßen. Es ist der Beginn einer intensiveren Zusammenarbeit von Museen auf allen Feldern.

Interview: Annette Kiehl

Einen Bericht über das neue Zentralmagazin in Münster lesen Sie im aktuellen WESTFALENSPIEGEL  03/2019.

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