LWL-Direktor Dr. Georg Lunemann. Foto: LWL/Kapluggin
31.01.2025

„Wir besprechen jeden Einzelfall“

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ist einer der größten Zahler der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung in NRW. Im Interview spricht LWL-Direktor Dr. Georg Lunemann darüber, wie diese Leistung zukunftsfest gestaltet werden kann.

Herr Dr. Lunemann, die CDU und die Grünen im Landtag wollen die Eingliederungshilfe in NRW „zukunftsfest aufstellen“, wie es in einem gemeinsamen Antrag heißt. Dagegen können Sie doch nichts haben, oder?
In dem Antrag stehen viele richtige Dinge drin – dass der Bund uns entgegen anderer Versprechungen nicht ausreichend unterstützt, dass die Akteure, also die Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen, die Freie Wohlfahrt und die Kommunen mit den Landschaftsverbänden eng zusammenarbeiten und dass wir in NRW über zahlreiche qualitativ hochwertige Angebote der Eingliederungshilfe verfügen, stimmt ja alles.

Aber?
Der Antrag klingt für mich insgesamt aber auch nach mehr Bürokratie, wenn das Ministerium nun mehr Kontrolle haben, mehr Berichte fordern und mehr Gremien schaffen soll. Eigentlich will die Landesregierung doch Bürokratie abbauen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fraktionen oder der Sozialminister das wollen.

Wie soll es denn gehen?
Jeder sollte seine Kraft auf das konzentrieren, was er kann. Wir machen die Eingliederungshilfe, besprechen jeden Einzelfall mit den Betroffenen und arbeiten weiterhin eng mit den Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen, der Freien Wohlfahrt und den Kommunen vertrauensvoll zusammen. Der Landtag und das Ministerium geben die großen Linien vor und erinnern Berlin an seine Pflicht, uns mit den Kosten nicht alleine zu lassen und zum Beispiel die Menschen mit Behinderung nicht weiter bei der Pflegeversicherung zu benachteiligen.

Wieso benachteiligen?
Leben Sie als behinderter Mensch in einem Heim und werden pflegebedürftig, zahlt die Pflegeversicherung nur 278 Euro im Monat. Den Rest zahlt der behinderte Mensch selbst – oder die Kommunen müssen einspringen. Das kostet die Kommunen allein in Westfalen-Lippe jährlich mindestens 150 Millionen Euro. Hier brauchen wir wirklich die Unterstützung des Landtages, um das zu ändern.

wsp

Die Eingliederungshilfe ist eine Sozialleistung für Menschen mit Behinderung oder für Personen, die von einer Behinderung bedroht sind. Das Geld soll es ihnen ermöglichen, möglichst selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Gemäß dem Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass Städte und Gemeinden vom Bund mehr Geld für die Finanzierung der Eingliederungshilfe erhalten. Außerdem soll die Eingliederungshilfe stärker an persönlichen Bedürfnissen und an der Lebenssituation von Menschen mit Behinderung ausgerichtet werden.

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