"Vorhang auf!" heißt es in einem neuen Stück für Kinder im Helios Theater in Hamm. Auch diese Bühne darf nur noch einen Teil der Plätze besetzen. Foto: Zimniak
16.10.2020

„Wir freuen uns über jeden Zuschauer“

In Corona-Risikogebieten wird die Zahl der Zuschauer bei Veranstaltungen seit dem 12. Oktober noch stärker begrenzt. Ab sofort dürfen dort Theatervorstellungen oder auch Konzerte nur noch mit 20 Prozent der ursprünglichen Kapazität stattfinden, sieht die neue Corona-Schutzverordnung des Landes NRW vor. Für Bühnen, zum Beispiel in Herne, Bochum oder auch Hagen, bedeutet das, dass sie noch weniger Plätze besetzen dürfen.

840 Plätze bietet der Große Saal im Theater Hagen, besetzt werden durften zuletzt 220. Nun sind es nur noch 170, denn Hagen gilt als Corona-Risikogebiet. Für das Theater Hagen bedeutet das konkret, dass die Mitarbeiter nun einem Teil des Publikums, das bereits Karten für die heutige Vorstellung der Rock-Oper „Wenn die Nacht am längsten…“ gekauft hatte, absagen muss. „Das Stück ist sehr beliebt und die Nachfrage groß. Daher spielen wir nun mehr Vorstellungen, um den Kartenbesitzern Alternativen anbieten zu können“, berichtet Theater-Sprecherin Ina Wragge. Die neuen Regeln stellen das Haus nicht nur vor organisatorische Herausforderungen. Auch für die Darsteller auf der Bühne sei der Auftritt vor einem fast leeren Zuschauersaal schwierig. „Wir sind aber froh, überhaupt spielen zu dürfen und geben unser Möglichstes“, so Wragge.

Bochum ist seit dem gestrigen Donnerstag ebenfalls als Risikogebiet gelistet. Damit steht auch das Schauspielhaus dort vor der Herausforderung, sich auf die neue Schutzverordnung einstellen zu müssen. Statt ursprünglich mehr als 800 Zuschauer dürfen ab sofort nur noch 162 Personen die Vorstellungen verfolgen. Bislang waren es immerhin 232. „Das ist schade. Aber wir verstehen, dass wir in dieser Situation eine Verantwortung tragen und passen uns den neuen Vorgaben an“, sagt Marketingleiter Stefan Kriegl. Er berichtet von positiven Erfahrungen mit Hygiene- und Abstandsregeln. Behutsam konnte daher die Zuschauerzahl in dieser Spielzeit wieder leicht erhöht werden. Für das Ensemble gelte jedoch auch unter den neuen Regeln: „Wir wollen für unser Publikum spielen und freuen uns über jeden Zuschauer.“

Im Schauspielhaus Bochum dürfen nur noch 162 von mehr als 800 Plätzen besetzt werden. Foto: Jürgen Landes

Im Schauspielhaus Bochum dürfen nur noch 162 von mehr als 800 Plätzen besetzt werden. Foto: Jürgen Landes

Scharfe Kritik an den neuen Vorgaben gibt es vom Deutschen Bühnenverein. Geschäftsführer Marc Grandmontagne kommentiert: „Es ist nicht nachvollziehbar und aus meiner Sicht kulturblind, warum ausgerechnet die Zuschauerräume in Theatern und Konzertsälen, die bisher kein nachweisbarer Ort der Infektion mit dem Coronavirus waren, jetzt durch diesen Aktionismus in den Fokus der Maßnahmen gelangen, anstelle die wirklich gefährlichen Infektionsquellen in den Blick zu nehmen.“ In den betroffenen NRW-Städten werde „die monatelange Arbeit der Theater und Orchester für einen Spielbetrieb auf der Grundlage sicherer Hygienekonzepte massiv erschwert.“

Die neue Begrenzung des Publikums gefährde vor allem die Privattheater, betonte Grandmontagne. Dies bestätigt Susanne Schübel, Sprecherin des Mondpalastes in Wanne-Eickel und des RevuePalasts in Herten, die von Prinzipal Christian Stratmann geführt werden. Das Publikum genieße wieder den Theaterbesuch, betont sie, stellt aber gleichzeitig klar: „Wenn die verschärften Regeln umgesetzt werden, dürften wir im Mondpalast nur noch 100 Plätze besetzen. Das könnten wir wirtschaftlich nicht verkraften. Alle Darsteller sind hoch motiviert, auf die Bühne zu gehen, aber unter solchen Voraussetzungen könnten wir uns das finanziell nicht erlauben. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Trauerspiel.“

wsp

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