„Wir sind viel mehr als eine klassische Bibliothek“
Zum „Tag der Bibliotheken“ haben wir Katrin Stroth, Leiterin der Stadtbibliothek Paderborn, gefragt, wie man vom Deutschen Bibliotheksverband zur „Bibliothek des Jahres“ gekürt wird.
Frau Stroth, wie haben Sie sich vor zwei Jahren gegen 39 Mitbewerber im Wettbewerb um die Auszeichnung durchgesetzt?
Die Jury hat unsere vielfältige und zukunftsorientierte Arbeit in der Stadtbibliothek Paderborn gelobt. Wichtig war dabei sicherlich auch unser MINT-Bereich, also unser Engagement für die Themen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Wir haben seit vielen Jahren ein Faible für neue Technologien und digitale Angebote. Dazu gibt es Veranstaltungen wie den „#DigitalDienstag“, an dem es beispielsweise Workshops zur Hololens gibt oder auch spezielle Angebote für kleine Kinder. Wir engagieren uns sehr für Nachhaltigkeit und Klimaschutz, zum Beispiel mit einer Bibliothek der Dinge, aus der man unter anderem eine Lochzange oder auch einen Dörrautomaten ausleihen kann. Das fördert den umweltbewussten Konsum und hat auch einen sozialen Aspekt.
Spielt die klassische Ausleihe von Büchern überhaupt noch eine Rolle?
Bücher sind nach wie vor gefragt und es wird sie in unserer Bibliothek immer geben. Aber wir sind viel mehr als eine klassische Bibliothek. Leseförderung vom Krabbelalter angefangen ist uns wichtig genauso wie die Medienkompetenzvermittlung. Wir haben zudem eine soziale Aufgabe. Denn immer mehr Menschen leben allein und sind einsam oder sie können sich keinen eigenen Internetzugang leisten. Die Stadtbibliothek Paderborn steht ihnen selbst ohne Bibliotheksausweis offen und bietet damit einen sehr niedrigschwelligen Zugang. Damit sind wir einer der wenigen nicht kommerziellen Orte in der Stadt.
Gibt es auch Kritik an diesem offenen Konzept?
In unserer Bibliothek finden Begegnungen, Austausch und Veranstaltungen statt, daher ist es nicht überall mucksmäuschenstill. Es gibt schon auch einige Stammkunden, die sich davon gestört fühlen und sich einen klassischen Lesesaal wünschen. Daher haben wir Bereiche geschaffen, wo es mehr Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten gibt. In solchen Konfliktsituationen sind auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker gefragt, um zu informieren und zu vermitteln.
Die Auszeichnung als „Bibliothek des Jahres“ hat der Stadtbibliothek Paderborn ein Preisgeld von 20.000 Euro und große Aufmerksamkeit beschert. Was ist davon geblieben?
Das Preisgeld haben wir in die Ausstattung der Kinderbibliothek und in den Lesegarten investiert. Das hätten wir uns ansonsten nicht unbedingt leisten können. Das Schönste an dem Preis ist aber, dass einmal über Bibliotheken berichtet und gesprochen wird. Fast alle Bürgerinnen und Bürger wissen, dass es Bibliotheken gibt, aber vielen ist gar nicht klar, wie vielfältig unser Angebot ist. Es ist mir ein großes Anliegen, darauf aufmerksam zu machen.
Interview: Annette Kiehl, wsp