Daniel Hageleit betreibt das „Drübbelken" in Recklinghausen. Foto: Jürgen Bröker
25.04.2024

Wirte unter Druck

Zahlreiche Gastronomiebetriebe in der Region verzeichnen seit Beginn des Jahres einen Umsatzrückgang. Eine Ursache: Die Preise sind durch Mehrwertsteuererhöhung gestiegen. 

„Es ist das eingetreten, was wir befürchtet haben: Die Betriebe sind beim Umsatz deutlich im Minus“, sagt Lars Martin, stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Hotel und Gaststättenverbands (Dehoga) Westfalen. Das zeigen auch Umfragen des Dehoga-Bundesverbands. Diese haben ergeben, dass der Umsatz im Gastgewerbe im März 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 5,7 Prozent zurückgegangen sei. Auch das Ostergeschäft war in mehr als der Hälfte der Betriebe demnach schlechter als im Vorjahr, so der Dehoga.

Zum 1. Januar wurde die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurant zurückgenommen, die die Betriebe durch die Coronazeit bringen sollte. Dadurch müssen die Gaststätten und Restaurants für Schnitzel, Salat und Co. wieder 19 statt 7 Prozent an das Finanzamt abführen. Die meisten Gastwirte haben die höheren Kosten an ihre Kunden weitergegeben. „Die Speisen sind teuerer geworden. Das hat zu einem veränderten Kundenverhalten geführt“, erklärt Martin. So habe sich der Umsatz pro Gast deutlich verringert, weil die Menschen ihre Aufenthaltsdauer in Restaurants und Kneipen verkürzt hätten, Vorspeisen weglassen würden oder gleich ein günstigeres Gericht wählten.

Landgasthöfe sind besonders unter Druck

Der Dehoga befürchtet, dass durch die Entwicklung der vergangenen Jahre der Mittelbau im Gastronomiegewerbe wegbrechen könnte. Familiengeführte Betriebe – vor allem in ländlichen Regionen – mit einigen Mitarbeitern ziehen die Reißleine und geben auf, heißt es. In Beratungsgesprächen gehe es schon jetzt immer häufiger darum, wie Unternehmen ihren Restaurantbetrieb schließen können, so Martin. Allein in der vergangenen Woche habe er dazu mit drei Unternehmen aus dem Kreis Siegen-Witttgenstein gesprochen. Konkret ging es darum, dass Hotels zwar den Übernachtungsbetrieb aufrecht erhalten, ihr Gastronomieangebot aber schließen wollen.


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Auch im „Drübbelken“ in Recklinghausen hat Betreiber Daniel Hageleit festgestellt, dass mehr Gäste die günstigeren Speisen auf der Karte auswählen. „Die Preise haben auch bei uns etwas angezogen. Zumal zur Erhöhung der Mehrwertsteuer ja auch noch Steigerungen beim Mindestlohn zu Buche schlagen“, sagt Hageleit. Seit Jahresbeginn sei die klassische Currywurst mit Pommes der Renner in seiner Kneipe. Für diese bezahlen die Gäste im „Drüb“ noch unter zehn Euro. Aber auch die saisonale Spargelkarte wird bei ihm gut angenommen. Hageleit ist prinzipiell zuversichtlich, dass sein Betrieb gut durch diese Zeiten kommen wird. Er kann sich auf eine große Zahl an Stammgästen verlassen. Zudem hofft er auf einen sonnigen und warmen Sommer und eine dann brummende Außengastronomie.

Forderungen an die Politik

Derweil drängt der Dehoga darauf, für Speisen einheitliche Steuersätze einzuführen. Es sei nicht erklärbar, warum ein Gericht zum Mitnehmen anders besteuert werde als ein Gericht im Restaurant. Das sei keine Steuergerechtigkeit, heißt es vom Verband. Auch die enorm gewachsene Bürokratisierung müsse endlich abgeschafft werden, lautet eine weitere Forderung an die Politik. „Es macht schlicht keinen Spaß mehr, selbstständig zu sein“, sagt Martin. Doch die Wirte und der Verband wissen, dass die Mühlen der Politik langsam mahlen. „Wir hoffen daher auf die Gäste, darauf, dass sie uns die Treue halten, und weniger auf die Politik“, so Martin.

Jürgen Bröker, wsp

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