Frohsinn vor historischer Kulisse: der Rosenmontagsumzug in Rietberg. Foto: Archivbild Grafschaftler KG Rietberg
08.02.2024

Westfalen helau!

Längst ist Westfalen kein Karnevals-Entwicklungsland mehr. Vielerorts wird bei Sitzungen und Umzügen in der Region gefeiert und geschunkelt – oft mit besonderen Traditionen. 

Münster hat den größten Umzug in Westfalen, Beckum eine sehr lange Tradition und Attendorn gilt als die Karnevalshochburg in Südwestfalen. In Ostwestfalen ist Rietberg das Epizentrum des verkleideten Frohsinns. Die Stadt an der Ems zählt knapp 30.000 Einwohner. An den Karnevalstagen sind dort aber oft noch mehr Menschen auf den Beinen. „Insgesamt kommen über alle Karnevalstage verteilt mehrere zehntausend Besucher in unsere Stadt“, sagt Holger Hanhaldt, Präsident der Grafschaftler Karnevalsgesellschaft Rietberg. Mit dem Altweiber-, dem Kinder- und dem Rosenmontagsumzug gibt es dort gleich drei große Züge durch die engen Straßen der historischen Altstadt.

Nach drei Jahren Pause hallte im vergangenen Jahr endlich wieder der für Rietberg spezielle Karnevalsruf „Ten Dondria Hellau“ durch die Gassen. Dabei steht das „Ten Dondria“ für „zehn Kanonenschläge“ – damit wollen die ostwestfälischen Jecken deutlich machen, dass sie an Karneval noch lauter sind als eben diese Kanonenschläge. Auch in diesem Jahr soll in Rietberg wieder ausgelassen gefeiert werden. Dafür werden am Rosenmontag fast 70 Gruppen sorgen, die sich für den Umzug angemeldet haben.

Versteckte Hochburg

Eine versteckte Hochburg ist der kleine Ortsteil Madfeld in Brilon. Dort organisiert der Schützenverein einen Umzug. Rund 1200 Einwohner zählt Madfeld. Mehr als 400 davon sind aktiver Teil des Karnevalsumzugs. „Neben dem Schützenfest ist der Karneval für uns das wichtigste Fest im Jahr“, sagt Nicolas Amen, 2. Vorsitzender der Schützenbruderschaft St. Margaretha Madfeld 1853 e. V.

Der Madfelder Einhurse, Peter Thomas, mit dem typischen Hut. Foto: privat

Der Madfelder Einhurse, Peter Thomas, mit dem typischen Hut. Foto: privat

Ursprünglich war der Umzug am Rosenmontag eher ein Fest vom Dorf für das Dorf. Doch inzwischen habe sich herumgesprochen, dass man in Madfeld viel Spaß haben könne, so Amen. Daher kommen auch zahlreiche Besucher aus anderen Ortsteilen Brilons und Umgebung, um beim Zug rund um die Kirche dabei zu sein. Zu bestaunen gibt es in diesem Jahr zwölf Motivwagen und rund 20 Fußgruppen – und natürlich den amtierenden Madfelder Einhurse, Peter Thomas. Der ist das Pendant zum Prinzen in anderen Orten. Statt einer Jeckenkappe trägt er einen Hut mit einer ausgestopften Socke auf dem Kopf.

„Otti Botti Helau“

„Schade, schon vorbei“, heißt es in Ottmarsbocholt. In der rund 3700 Einwohner zählenden Gemeinde im Münsterland feiert man traditionell schon eine Woche vor dem eigentlichen Karnevalswochenende mit einem großen Umzug durch den Ort. In diesem Jahr haben sich 13 Wagen, 50 Fußgruppen und sieben Spielmannszüge am Umzug beteiligt und den typischen Karnevalsruf „Otti Botti Helau“ ertönen lassen. Damit gilt der Umzug in der Gemeinde im Kreis Coesfeld als einer der größten im Münsterland. „Mehr als 80 Prozent der Gruppen kommen dabei aus unserem Ort“, sagt Sebastian Schemmer, Vorsitzender der Karnevalsgesellen Otti-Botti, die das Spektakel organisieren.

Durchwachsenes Wetter – tolle Stimmung, so sah es beim diesjährigen Karnevalsumzug in Ottmarsbocholt aus. Foto: KG Otti-Botti

Durchwachsenes Wetter – tolle Stimmung, so sah es beim diesjährigen Karnevalsumzug in Ottmarsbocholt aus. Foto: KG Otti-Botti

In Ottmarsbocholt hat der Karneval eine fast 140 Jahre lange Tradition. Einen Tag vor dem Umzug ziehen die Karnevalisten mit Pauken, Trommeln und anderen Instrumenten von Haus zu Haus, um im ganzen Ort Stimmung zu verbreiten. Dabei sammeln sie außerdem Eier ein. „Früher wurden die Eier an Hilfsbedürftige gespendet“, so Schemmer. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben ist das heute nur noch begrenzt möglich. Mit dem Senioren-Karneval am Samstag (10.2.) endet die diesjährige Session in Ottmarsbocholt.

jüb, wsp

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