Wölfin „Gloria“ vor Abschuss
Das Land NRW will die Wölfin „Gloria“ zum Abschuss freigeben. Das Tier hatte zuletzt wiederholt Schutzzäune überwunden und Nutztiere gerissen.
Allein im Zeitraum vom 27. September bis 24. Oktober wurden durch Genanalysen sechs Vorfälle mit dem Tier mit der Kennung GW954f aus dem Wolfsgebiet Schermbeck nachgewiesen, teilt das Ministerium mit. Daher habe das Land nun zusammen mit dem zuständigen Kreis Wesel die Grundlagen für die Prüfung einer Entnahme des Wolfes auf den Weg gebracht, heißt es weiter. Die Wölfin, die mehrfach auch in Bottrop nachgewiesen wurde, soll abgeschossen werden.
Landwirte: „Einzig richtige Konsequenz“
Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) begrüßt das Vorgehen. Nachweislich habe Wölfin „Gloria“ in den vergangenen Jahren mehrfach intakten, der Förderrichtlinie Wolf entsprechenden Herdenschutz überwunden und Weidetiere gerissen. Für die Landwirte sei das der eindeutige Beleg dafür, dass das „Wettrüsten“ gegen den Wolf keine alleinige Lösung für diesen Konflikt bieten kann, so eine WLV-Sprecherin gegenüber dem WESTFALENSPIEGEL. Der WLV stuft den geplanten Abschuss als „einzig richtige Konsequenz“ ein.
„Beim Wolf sind alle Kriterien zur Anerkennung des günstigen Erhaltungszustands als erfüllt anzusehen und die Grundlage für ein aktives Bestandsmanagement gegeben“, hatte WLV-Präsident Hubertus Beringmeier bereits vor Wochen gesagt. Nur mit einer entsprechenden Kontrolle der Wolfsbestände und deren Regulierung sei nach Einschätzung der Landwirte künftig ein Nebeneinander von Weidetierhaltung und Wolf möglich.
Naturschutzverbände kritisieren geplanten Abschuss
Kritik am Vorgehen der Landesregierung kommt dagegen von den Arbeitsgruppen der NABUs im Wolfsterritorium Schermbeck. Seit langem kritisieren sie den schlechten Herdenschutz am Niederrhein und im Westmünsterland. Ein Gutachten im Auftrag des Umweltministeriums habe erst kürzlich nachgewiesen, dass von 2018 bis August 2023 im hiesigen Territorium 71 Prozent der Nutztierrisse hinter mangelhaften Zäunen stattfanden, teilen sie in einer gemeinsamen Erklärung mit. Lediglich bei 29 Prozent sei der sogenannte Grundschutz vorhanden gewesen. Die neue Entwicklung ist in den Augen der Gruppen ein Beleg dafür, dass Wölfe im Wolfsgebiet Schermbeck mit mangelhaftem Herdenschutz über sechs Jahre regelrecht trainiert wurden, Nutztiere zu reißen, heißt es weiter.
Seit 2018 gibt es in Nordrhein-Westfalen ein Wolfsgebiet. Damals wurde die Wölfin „Gloria“ rund um Schermbeck sesshaft. In diesem Dossier erfahren Sie mehr über Wolfsgebiete, Schutzmaßnahmen und den Wolf als größten Beutegreifer in Westfalen. Hier geht es zum Dossier.
Die Umweltverbände glauben, dass mit einem Abschuss nicht das erhoffte Ziel der Landesregierung erreicht werde. Nach der Tötung der Wölfin fehle der dort ansässigen Wolfsfamilie eine wichtige Ernährerin. Vermehrte Übergriffe auf Nutztiere oder verhungernde Jungtiere könnten die Folge sein, so Martin Frenk, Vorsitzender des NABU Borken. „Und: Wird bei der Wolfsjagd – wie in Niedersachsen jetzt bereits zum siebten Mal – ein falscher, das heißt ein bisher unauffälliger Wolf getötet, steht dieses gesetzlich streng geschützte Tier zum Aufbau einer gesunden Population nicht mehr zur Verfügung.“
Die Wölfin Gloria ist 2018 in das Gebiet rund um Schermbeck eingewandert. In den Jahren 2020 bis 2022 hatte sie drei Würfe mit nachweislich insgesamt neun Welpen. Auch in diesem Jahr hat sie vermutlich für Nachwuchs gesorgt.
jüb, wsp