Die Demonstranten griffen vor 50 Jahren in Münster in ihren Plakaten damals gängige Diskriminierungen auf. Foto: Rosa Geschichten. Schwul-lesbisches Archiv Münster
19.10.2022

Queere Stadtgeschichte

Vor rund 50 Jahren fand in Münster die erste schwul-lesbische Demonstration in Deutschland statt. Die Ausstellung „Queer Münster. Eine andere Geschichte der Stadt“ blickt nun zurück auf die Stadtgeschichte aus einer queeren Perspektive.

Für das Ausstellungsprojekt haben sich Dr. Julia Paulus und Dr. Claudia Kemper, beide Historikerinnen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), zusammen mit Studierenden der Universität Münster auf eine Spurensuche begeben. Sie wollten wissen, wo Vorläufer der heutigen queeren Community liegen. Anlass für dieses Projekt war der 50. Jahrestag der ersten schwul-lesbischen Demonstration, die am 29. April 1972 in Münster stattfand – lange vor den ersten deutschen Christopher Street Days. „Dieses Ereignis gab den Impuls zu weiteren Forschungen. Wir haben dabei herausgefunden, dass die Demonstration nicht nur Menschen in Münster, sondern bundesweit bewegt hat. Gerade auch, was die Emanzipationsbewegung lesbischer Frauen angeht“, berichtet Dr. Julia Paulus.

Die Schau eröffnet am 21. Oktober im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster und ist dann zunächst vom 24. Oktober bis 5. November in der Stadtbücherei am Alten Steinweg zu sehen. Später wird die Ausstellung durch Schulen wandern und kann auch von anderen Einrichtungen oder auch Kommunen ausgeliehen werden. Fotos, Originaltexte und Erläuterungen auf 22 Schautafeln, sogenannte Roll-ups, zeichnen die jüngere Geschichte Münsters aus einer queeren Perspektive nach. Dabei geht es nicht nur um die Dokumentation der Geschichte, sondern auch darum, gängige Perspektiven auf gesellschaftliche Normen und Geschlechterrollen zu hinterfragen, betont Paulus. Auch das queere Leben zwischen Provinz und Stadt und das Verhältnis von Kirche und Homosexualität sind Themen der Ausstellung.

Forschungsprojekt zu „vergessenen Verfolgten“

Die Stadt Münster unterstützte ebenfalls die Planung des Ausstellungsprojektes. Parallel erforscht ein Team des städtischen Amts für Gleichstellung, des Stadtarchivs und des Geschichtsorts Villa ten Hompel die Geschichte von Münsteranerinnen und Münsteranern, die als Homosexuelle während der nationalsozialistischen Herrschaft und darüber hinaus bis 1969 verfolgt wurden. Auch weitere bisher „vergessene Verfolgte“, die etwa einer gesellschaftlichen Minderheit angehörten, sollen durch dieses Forschungs- und Gedenkprojekt angemessen gewürdigt werden.

Mehr zur ersten schwul-lesbischen Demonstration lesen Sie hier.

wsp

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