09.03.2020

Zwischenlager für Atommüll in Würgassen geplant

Die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung plant ein Logistikzentrum für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Würgassen, einem Ortsteil von Beverungen im Kreis Höxter. 

Die Stadtspitze hat die Ankündigung der BGZ zum geplanten Atommüllzwischenlager kalt erwischt. Er habe am Donnerstagabend einen Anruf erhalten, in dem ihm kurz gesagt wurde, was man in seiner Gemeinde vorhabe, sagt Beverungens Bürgermeister Hubertus Grimm im Gespräch mit westfalenspiegel.de. Am Freitag informierte die BGZ dann die Öffentlichkeit über die Pläne.

Inzwischen haben alle Ratsfraktionen und die Bürgermeister der Städte Beverungen, Bad Karlshafen, Trendelburg und der Samtgemeinde Boffzen zum geplanten „Logistikzentrum“ am ehemaligen Kraftwerksstandort in Würgassen eine gemeinsame Erklärung herausgegeben. Darin heißt es: „Wir sind von der Art und Weise, wie mit uns als gewählte Vertreter der im Dreiländereck lebenden Menschen umgegangen wird, entsetzt. Die absolut ungenügende Informationspolitik der Bundesregierung und der von ihr beauftragten BGZ macht uns wütend.“

Die Unterzeichner fordern die BGZ auf, transparent und nachvollziehbar den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort die Entscheidungsfindung zu erläutern. Auch weil man große Sorge habe, dass Würgassen sogar zum Endlager für Atommüll werden könnte.

„Nötige Infrastruktur vorhanden“

Die bisher veröffentlichen Pläne der BGZ sehen vor, dass auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks Würgassen ein Zwischenlager errichtet werden, in dem schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus Betrieb, Stilllegung und Rückbau von Atomkraftwerken sowie aus den Bereichen Medizin, Forschung und Gewerbe gelagert werden, ehe sie weiter in das Endlager Konrad in der Nähe von Salzgitter transportiert werden.

Wie die BGZ mitteilt, sei die „für ein solches Logistikzentrum nötige Infrastruktur vorhanden“. Der Standort verfüge über die notwendigen freien Flächen und einen Anschluss ans Schienennetz. Bürgermeister Grimm sieht das anders. Die Bahnstrecke, an der Würgassen liege, sei in ihrem aktuellen Zustand nicht für Güterverkehr ausgelegt. Auch die Bundesstraßen seien in keinem guten Zustand, so Grimm.

Große Stahlbetonhalle soll errichtet werden

Die Gemeindevertreter haben in ihrer Erklärung einen Fragenkatalog aufgestellt, der sich an die BGZ richtet. „Darin geht es natürlich um Gesundheitsfragen. Welche Emissionen gehen von dem Zwischenlager aus? Was heißt mittel- und schwachradioaktiv?“, so Grimm weiter.

Das Logistikzentrum in Würgassen soll 2027 seinen Betrieb aufnehmen. Dazu baut die BGZ ein 325 Meter langes, 125 Meter breites und 16 Meters hohes Stahlbetongebäude auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks. Dort sollen die Behälter mit radioaktiven Abfällen gesammelt und für den Abtransport ins Endlager zum Schacht Konrad zusammengestellt werden.

Doch auch dazu hat die Gemeinde noch Fragen. „Wir wollen wissen, wie realistisch es ist, dass Konrad auch wirklich zum Endlager wird“, sagt Grimm. Hinter dieser Frage steht die Sorge, dass Würgassen quasi durch die Hintertür selbst zum Kandidaten für ein Endlager werden könnte.

Bürgerprotest formiert sich

Schon am vergangenen Freitag gab es erste Bürgerproteste gegen das Vorhaben. Eine Online-Petition gegen den Bau des Zwischenlagers hatte innerhalb kürzester Zeit mehr als 2500 Unterzeichner gefunden. Eine für den 18. März vorgesehene Bürgerversammlung in Beverungen musste wegen der aktuellen Corona-Entwicklung allerdings abgesagt werden.

Das Kernkraftwerk Würgassen (KKW) war von 1971 bis zum 26. August 1994 in Betrieb. Nach seiner Stilllegung wurde es bis zum Jahr 2017 zurückgebaut. Heute wird es zum Teil als Zwischenlager für Fässer mit radioaktivem Abfall genutzt.

jüb/wsp

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