Geburtstagskind: Heute heißt das Stadion, in dem Borussia Dortmund, seine Spiele austrägt Signal Iduna Park. Eingeweiht wurde es vor 50 Jahren als Westfalenstadion. Foto: pixelio.de/Jan Claus
27.03.2024

„Da musst du dir die Ohren zuhalten“

50 Jahre Westfalenstadion: Im Interview spricht Stadionsprecher Norbert Dickel über emotionale Momente, seinen Lieblingsplatz und die besondere Atmosphäre und Lautstärke.

Gleich zu Beginn des Gesprächs stellt der ehemalige Spieler und heutige Stadionsprecher von Borussia Dortmund, Norbert Dickel, klar: Im Fußball dutzt man sich. Und daher ist er „Nobby“ und nicht Herr Dickel. Wir haben uns daran gehalten. Ein Interview über einen besonderen Arbeitsplatz.

Was fällt dir als erstes ein, wenn du an das Stadion von Borussia Dortmund denkst?
Norbert Dickel: Schönstes Bauwerk Dortmunds, größtes Stadion Deutschlands, höchste Zuschauerkapazität in Europa, 25.000 Fans auf der Südtribüne, beste Stimmung ever – da fällt mir schon einiges ein. Da kann ich nicht nur auf einen Punkt fokussieren.

Als das Stadion 1974 eingeweiht wurde, warst du 13 Jahre alt. Hast du damals schon davon geträumt, einmal in einem solchen Stadien zu spielen?
Nein (lacht). Nein, wirklich nicht, damals habe ich bei den Sportfreunden Edertal gespielt, das ist bei Bad Berleburg. Da hat man Fußball geschaut und auch selbst seine Mannschaft gehabt. Aber meine Selbsteinschätzung ging nicht so weit, dass ich gedacht habe, ich werde einmal Profi und spiele mal dort.

Hast du denn registriert, dass in Dortmund ein neues Stadion entstanden ist?
Im Sauerland, da wo ich herkomme, gibt es zwei Vereine als Fan: die Blauen (Anmerkung d. Redaktion: Schalke 04) und die Schwarz-Gelben (Borussia Dortmund). Klar, habe ich das mitbekommen, dass dort ein schönes Stadion gebaut wird. Vor allem war es damals auch etwas Besonderes, dass man ein reines Fußballstadion gebaut hat. Als Zuschauer konnte man also sehr nah an den Spielern sein.

Norbert Dickel spielte von 1986 bis 1990 für Borussia Dortmund. In 90 Einsätzen traf er 40 Mal. Seit der Saison 1992/93 ist er der Stadionsprecher bei BVB-Heimspielen. Foto: Borussia Dortmund

Norbert Dickel spielte von 1986 bis 1990 für Borussia Dortmund. In 90 Einsätzen traf er 40 Mal. Seit der Saison 1992/93 ist er der Stadionsprecher bei BVB-Heimspielen. Foto: Borussia Dortmund

Seit 1986 ist das Stadion – mit kleiner Unterbrechung –  dein Arbeitsplatz, zunächst als Spieler, dann ab der Saison 1992/93 als Stadionsprecher, wie hast du die Veränderungen dort in dieser Zeit erlebt?
Ich meine, als ich kam, lag die Kapazität bei 54.000 Zuschauern. Dann wurden es wegen des Umbaus mal 45.000. Dann etwa 70.000 und jetzt, seit der letzten Umbauphase, sind es 81.365 Zuschauer, die dort Platz finden. Diese Menschenmenge, die begeistert mich noch immer. Sie nötigt mir aber immer auch ein wenig Respekt ab. Ich fahre zu jedem Spiel mit großer Ehrfurcht nach Dortmund. Ich habe ja leider auch das Attentat 2017 hautnah miterlebt.

Du meinst den Anschlag auf den Spielerbus vor einem Champions League Spiel?
Ja, ich stand im Stadion und hatte wie alle nur wenige Infos, das war nicht einfach.

Erlebst du das Stadion heute ähnlich wie als Spieler?
Ich glaube, dass man das nicht vergleichen darf. Wenn du als Fußballer unten auf dem schönen Rasen stehst und auf die Südtribüne zuspielst und du dann auch noch ein Tor erzielst, dann hast du schon Bock wieder eins zu schießen und noch eins. Das ist wirklich etwas sehr Besonderes.

Und als Stadionsprecher?
Ich genieße es, die Mannschaftsaufstellungen auszurufen und die Lautstärke mitzukriegen. Das macht wirklich richtig viel Spaß, auch nach so vielen Jahren noch. Da ist einfach eine Menge Adrenalin dabei.

Das Stadion des BVB aus der Vogelperspektive. Foto: pixabay.de

Das Stadion des BVB aus der Vogelperspektive. Eröffnet wurde es am 2. April 1974 mit einem Benefizspiel zwischen Borussia Dortmund und dem Ruhrpott-Rivalen Schalke 04. Der Gast trat zu Gunsten des wirtschaftlich angeschlagenen BVB ohne Gage an. Schalke siegte 3:0. Foto: pixabay.de

Hast du einen Lieblingsplatz im Stadion?
(Überlegt lange) Am ehesten meine Plattform in der Südwestecke des Stadions direkt unter der Videotafel. Von dort aus mache ich meine Ansagen. Da bin ich schon gerne. Da fühle ich mich zuhause.

Gibt es Momente mit einer besonderen Lautstärke?
Ja, und da wirst du dich jetzt wundern: Wenn der Schiri dreimal Mist gepfiffen hat, und die Südtribüne ihn auspfeift, dann ist das so laut, dass die Ohren schmerzen. Die musst du dir dann zuhalten. Natürlich, wenn ein Tor fällt, ist es auch laut. Aber wenn der Schiri ausgepfiffen wird, tut das richtig weh.

Was war dein emotionalster Moment?
Ich glaube, das war in der Saison 2011/12. Da spielte Köln zuhause gegen Leverkusen. Ich habe in Dortmund das 1:0 für Köln durchgesagt und mit diesem Ergebnis war klar: Wir sind Deutscher Meister. Da brachen alle Dämme.

Gibt es beim ersten Heimspiel nach dem Geburtstag des Stadions am 6. April gegen Stuttgart ein besonderes Ständchen?
Wir haben verschiedenste Dinge vor. Wir werden zum Beispiel Interviews mit Zeitzeugen führen. Das wird ein Spieltag, der sich fast ausschließlich mit dem Stadion beschäftigt. Wir werden davon berichten, was in den vergangenen 50 Jahren passiert ist.

Interview: Jürgen Bröker, wsp

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