Das Tablet ist zum selbstverständlichen Teil des Schulalltags geworden. Wirkliches Lernen braucht aber mehr, ist der Schulleiter Frank Wagner überzeugt. Foto: Pixabay
01.07.2021

„Wir mussten sehr flexibel sein“

Homeschooling, Wechselunterricht und viel Ungewissheit: Ein schwieriges Schuljahr geht heute zu Ende. Frank Wagner leitet die Gebrüder-Grimm-Grundschule in Hamm, die 2019 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet wurde. Im Interview spricht er über die Erfahrungen aus dem Online-Unterricht, Unterstützung für Kinder und 30 Stundenpläne, die er in diesem Jahr geschrieben hat.

Herr Wagner, erst seit einigen Wochen gibt es wieder Präsenzunterricht. Freuen sich Kinder da schon wieder auf die Ferien?
Tatsächlich würden viele Kinder gern weiter zur Schule gehen, trotz aller Vorfreude auf die Ferien. Sie wollen ihre Freunde sehen und in der Gemeinschaft sein. Wir haben daher in den letzten Tagen gerade auch versucht, mit den Kindern viel zu unternehmen, zum Beispiel kleine Ausflüge. Das ist zurzeit ganz wichtig. 

Wie fällt Ihre Bilanz des Schuljahres aus?
Es war schon ein sehr anstrengendes Jahr. Ich habe gerade den 30. Stundenplan geschrieben, in einem normalen Schuljahr sind es drei oder vier Pläne. Schon das zeigt, dass wir ständig umgeplant haben und sehr flexibel sein mussten. Das war für alle eine hohe Belastung. Zum Ende des Schuljahres waren wir aber gut eingespielt, und haben nun die Möglichkeit, bei Bedarf relativ unkompliziert zwischen Präsenz- und Distanzunterricht zu wechseln.

Frank Wagner, Rektor der Gebrüder-Grimm-Schule in Hamm. Foto: privat

Frank Wagner, Rektor der Gebrüder-Grimm-Schule in Hamm. Foto: privat

Wie sind die Kinder mit dem Distanzunterricht und den neuen Regeln zurecht gekommen.?
Die Maske tragen und einen Lolli-Test machen  – das haben die Kinder ganz schnell gelernt. Viele Schülerinnen und Schüler leiden aber im Distanzunterricht. Manche können zwar gut zu Hause lernen, aber das Schulumfeld und auch die emotionale Begleitung im Unterricht fehlen dann doch. Da waren einige Kinder ganz schön geknickt.

Wie konnte die Schule da unterstützen?
Wir haben zum einen die Schule wirklich digital gedacht. Es gab jeden Tag Unterricht per Videokonferenz, der sich mit Selbstlernphasen, Bewegungsübungen oder auch kreativen Aufgaben abgewechselt hat. Unsere Lobbriefe an die Kinder wurden in einer Online-Versammlung vorgelesen.

„Schulassistenten waren im Dauereinsatz“

Und wenn Familien keinen PC zu Hause haben oder sich einfach nicht mehr melden?
In solchen Fällen waren neben den Lehrerinnen und Lehrern vor allem auch die Schulassistentinnen und -assistenten im Dauereinsatz. Wenn Kinder zum Beispiel nicht mehr am Distanzunterricht teilgenommen haben oder etwas nicht funktionierte, haben sie die Familien zu Hause besucht. So konnten wir bei technischen Problemen helfen und die Familien darin unterstützen, einen Lernrhythmus zu Hause zu finden. Zum Glück war es auch möglich, den Familien recht unkompliziert einen Tablet PC zur Verfügung zu stellen, wenn es ansonsten vielleicht nur ein Handy gab.

Also ist eigentlich alles gut gelaufen?
Es gibt viele positive Erfahrungen aus dem Distanzunterricht. Die Pandemie hat uns, bei allen schlechten Nachrichten, wirklich einen digitalen Schub versetzt. Aber wir hoffen doch sehr, dass wir diese Situation nicht so bald wieder haben und die Kinder nach den Ferien wieder dauerhaft in der Schule sind. Lernen hat auch mit einer emotionalen Verarbeitung zu tun und das geht so richtig nur in Präsenz.

Interview: Annette Kiehl, wsp

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