08.04.2020

„Wir streamen regelmäßig Videos“

Im Interview mit dem WESTFALENSPIEGEL spricht Propst Jürgen Quante, Priester in der katholischen Gemeinde St. Peter in Recklinghausen, über Gottesdienste vor leeren Bänken und digitale Möglichkeiten in der Corona-Krise.

Die Kirche ist gerade in Krisenzeiten immer Zufluchtsort für die Menschen gewesen. Kann sie dieser Rolle in Corona-Zeiten noch gerecht werden?

Ja, das kann sie. Nur anders, als es die Menschen gewohnt sind. In unserer Gemeinde St. Peter in Recklinghausen streamen wir Gottesdienste, die wir vor leeren Bänken feiern. Wir bekommen dazu viele positive Rückmeldungen. Das zeigt uns, dass wir so den Zusammenhalt in der Gemeinde über unsere Videos pflegen können. Außerdem halten wir Seelsorger telefonisch Kontakt zu den Menschen. Aber es sind auch noch persönliche Gespräche möglich. 

Propst Jürgen Quante.

Propst Jürgen Quante.

Zum Beispiel?

Es kommen Menschen allein oder zu zweit zum Gespräch zu uns. Zum Beispiel bei einem Trauerfall. Da ist es auch besonders wichtig, dass wir die Trauernden persönlich begleiten können. Aber natürlich finden diese Gespräche mit ausreichend Abstand statt. 

Das Zusammenkommen der Gemeinschaft Woche für Woche ist Kern einer katholischen Gemeinde. Nun feiern Sie die Gottesdienste vor leeren Bänken. Wie ist das für Sie als Priester?

Diese virtuelle Form ist tatsächlich eine große Umstellung. Diesen Ritus in einer leeren Kirche durchzuführen ist in meinem eigenen Empfinden sehr schwierig. Für die Gemeindemitglieder ist das aber wichtig. Es ist gut, dass sie den Gottesdienst in einem vertrauten System und in einer ebenso vertrauten Sprache verfolgen können.  

Ostern ist das wohl wichtigste Fest für die Christen. Wie feiern Sie in diesem „Quarantäne-Jahr“?

Wir werden regelmäßig Videos streamen. Schon zu Palmsonntag haben wir ein Video veröffentlicht mit besonderer Musik und besonderen Texten. Über einen Newsletter informieren wir unsere Gemeindemitglieder über die Angebote und geben auch spirituelle Impulse. An den Ostertagen selbst werden wir die Kirche so festlich schmücken, wie wir das immer getan haben. Wir werden die neue Osterkerze entzünden und an Ostersonntag unsere Kirchen auch öffnen. Die Menschen können dann zum stillen Gebet in die Kirche kommen. Zusätzlich bereiten wir Ostertüten vor. Darin ist eine kleine Osterkerze, ein Osterei, ein Gebet und eine österliche Geschichte. Diese Tüte können die Menschen mit nach Hause nehmen. 

Zwingt die Corona-Krise die katholische Kirche auch dazu, die Digitalisierung voranzutreiben und sich neuen Formaten zu öffnen?

Das wird sicher so sein. Und vielerorts wird das ja auch schon praktiziert. Neue Formate werden ausprobiert. Es ist auch gut, dass es solche Möglichkeiten gibt. Aber ich glaube, dass es Ersatzlösungen sind. Trotzdem erleben wir auch bei unseren Mitarbeitern, die teilweise im Homeoffice arbeiten, Veränderungen. Die Welt wird digitaler, technischer. Sie wird anders aussehen nach Corona. Aber vielleicht benötigen wir gerade dann eine Gegenbewegung, die von der Kirche ausgehen kann und die die persönliche Begegnung in den Mittelpunkt stellt. 

Interview: Jürgen Broker / wsp

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