Das alte Rathaus in Hattingen. Foto: Imago/Walter Fischer
06.12.2023

Adventskalender Tür 6

So langsam wird es Zeit, wenn der Wunschzettel noch rechtzeitig beim Christkind oder dem Weihnachtsmann ankommen soll. Aber woher kommt die Tradition des Wunschzettel-Schreibens eigentlich?

Die LWL-Alltagskulturforschung hat sich den vorweihnachtlichen Brauch einmal genauer angesehen. Heute gleichen die Wunschzettel vieler Kinder Geschenk-Bestelllisten. Doch das war nicht immer so. Vor 400 Jahren stellten die Kleinen ihre guten Eigenschaften in sogenannten Neujahrsbriefen dar und hofften auf eine Gegenleistung der angschriebenen Erwachsenen, so die Alltagskulturforscher des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). In ihren Briefen wollten die Kinder damals ausdrücken, dass sie das Jahr über fleißig, artig, brav und fromm sind und hofften dafür auf Belohnung – ob zu Neujahr oder zum Nikolaus- oder Weihnachtsfest.

Wunschzettel von Steffi an das Christkind in Himmelpforten, 1978.Foto: LWL/Archiv für Alltagskultur

Wunschzettel von Steffi an das Christkind in Himmelpforten, 1978. Foto: LWL/Archiv für Alltagskultur

Erst später schrieb der Nachwuchs auch direkt an den Nikolaus oder das Christkind, wie ein Beispiel vom 3. Dezember 1885 verdeutlicht. Damals schrieb die zehnjährigen Karoline Wenninghoff (1875–1933) aus Bevergern (heute Stadtteil von Hörstel) an den Nikolaus: „Lieber heiliger Nikolaus! Ich habe gehört, daß Du in der Nacht von Samstag auf Sonntag durch Bevergern reisen wirst und den guten Kindern was bringen wirst. Ich will auch recht artig sein! Damit du weißt, wo ich wohne, und an dem Haus nicht vorbeigehst, will ich dir unsere Hausnummer sagen: Nr. 138. Ich wünsche mir nebst Kuchen auch eine Mütze, eine Schürze und Handschuhe, ich will auch recht artig sein […] Dass du kommst, hofft deine Karoline Wenninghoff.“

Schönschrift auf liniertem Papier

Karoline stammte aus einer kinderreichen katholischen Familie, entsprechend bescheiden fielen ihre Wünsche aus, für deren Erfüllung sie als Gegengabe Wohlverhalten („Ich will auch recht artig sein!“) in Aussicht stellte, so Christiane Cantauw, Geschäftsführerin der Kommission Alltagskulturforschung. Ihren Brief schrieb sie in Schönschrift auf liniertes Papier; Zeichnungen oder Verzierungen gab es nicht.

Adventskalender

Jeden Tag ein Türchen öffnen

Anfangs legten die Kinder ihre Wunschzettel auf die Fensterbank oder an einen anderen Ort im Haus. In der Nacht kam dann das Christkind, der Nikolaus oder der Weihnachtsmann in Gestalt der Eltern und sammelte die Wünsche ein. Erst sehr viel später schickten die Kleinen ihre Briefe etwa an das Christkind im niedersächsischen Himmelpforten oder an Weihnachtspostämter in Orten mit anderen „himmlischem Namen“ etwa in Engelskirchen im Rheinland oder im brandenburgischen Himmelpfort sowie in Himmelsthür, Nikolausdorf und Himmelpforten (alle Niedersachsen).

Mutter schreibt ans Christkind

Das LWL-Alltagskulturarchiv hat einige dieser Wunschzettel-Schätze aus dem Jahr 1978 gesammelt. Nicht immer haben dabei die Kinder zum Stift gegriffen. Manchmal waren es auch die Eltern. In einem Fall beklagte sich eine Mutter aus dem Münsterland über den Wunsch-Wahn ihrer Kinder: „Vier Söhne habe ich und keiner will so recht mehr an das Christkind glauben und denken nur an die Geschenke, selbst der Kleinste von 8 Jahren. Kein Weihnachtslied kommt von allein von ihren Lippen von wegen ein Gedicht. Vielleicht wenn ein Brief vom Christkind kommt wird die Stimmung nicht so materiell eingestellt sein.“ Die Mutter erwartete von ihren Kindern für die Weihnachtsgeschenke vergebens eine Gegengabe in Form von Gedichten oder Weihnachtsliedern und hoffte nun auf ein Schreiben des Christkinds, das dieses Ungleichgewicht wieder ins Lot bringen sollte. Ob die Bitte erfolgreich war, ist nicht bekannt.

Die Adressen vom Weihnachtsmann, dem Christkind und dem Nikolaus gibt es hier

Lesen Sie auch im Bereich "Gesellschaft, Kultur"

Testen Sie den WESTFALENSPIEGEL

Ihnen gefällt, was Sie hier lesen? Dann überzeugen Sie sich von unserem Magazin