Im Deutschen Bundestag nimmt die Ampekl-Koalition ihre Arbeit auf. Foto: Pixabay
07.12.2021

Ampel-Koalition gestartet

Politikwissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster sehen in der Corona-Pandemie, dem Klimaschutz und der Energiewende die größten Herausforderungen für die Ampel-Regierungskoalition.

„Die ersten Wochen nach Regierungsantritt werden jedenfalls von der Corona-Lage dominiert sein“, sagt Politologe Oliver Treib. Schon auf die Koalitionsverhandlungen habe die Pandemie großen Einfluss genommen. „Angesichts des Handlungsdrucks konnte es sich keiner der Partner leisten, die Verhandlungen ernsthaft zu blockieren oder gar platzen zu lassen“, ist sich Treib sicher.

Am Mittwoch (8.12.) wurde Olaf Scholz zum neuen deutschen Bundeskanzler gewählt und als Regierungschef die neue Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und FDP anführen. Bernd Schlipphak, ebenfalls Politikwissenschaftler an der WWU, sieht im Klimaschutz und der Energiewende große Herausforderungen für die Regierung unter Scholz, teilt die WWU mit. Wenn man bis 2045 klimaneutral werden wolle, müsse jetzt in sehr kurzer Zeit sehr viel passieren. „Deswegen sind substanzielle Konflikte absehbar, auch zwischen den unterschiedlichen Kernwählerschaften der Regierungsparteien.“

„Schlimmstenfalls führt es aber zu Stillstand“

Das Dreierbündnis stelle die Regierung vor besondere Herausforderungen, da auch der kleinste Partner eine Vetomacht besitze, heißt es weiter. Treib sieht allerdings nicht, dass Scholz vor einem größeren Problem steht als Angela Merkel: „Eventuell ist es für Scholz sogar einfacher, mit koalitionsinternen Konflikten umzugehen. Denn anders als Merkel kann er unterschiedliche Positionen der drei Parteien als normales Phänomen in einem Dreierbündnis darstellen und als solches Kompromiss-Versuche angehen.“

Für den mit „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ überschriebenen Koalitionsvertrag hätten alle beteiligten Kröten schlucken müssen, konnten aber auch wesentliche Punkte durchsetzen, so Treib. Sein Kollege Schlipphak ist durchaus skeptisch, was diesen Vertrag angeht. „Die Verknüpfung von Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit kann bestenfalls zu mehr Fortschritt führen. Schlimmstenfalls führt es aber zu Stillstand, weil sich die Begriffe – und die damit verbundenen Parteienvorstellungen – gegenseitig blockieren“, sagt er.

FDP-Chef Christian Lindner wird neuer Finanzminister. Foto: pixabay

FDP-Chef Christian Lindner wird neuer Finanzminister. Foto: pixabay

Und Schlipphak sieht noch ein weiteres Problem für die Regierungsarbeit. So habe die FDP ihre Wahlkampf-Versprechen schon in großen Teilen umgesetzt, während die Realisierung  sozialdemokratischer und grüner Versprechen vom FDP-Finanzminister abhängig sein werde. „Der Verzicht der Grünen auf das Finanzministerium könnte sich aus meiner Sicht als großes Problem für die erfolgreiche Umsetzung des gemeinsamen Fortschritts-Narrativs herausstellen“, so Schlipphak.

wsp

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