Einige der Frauen, die sich bei den „Omas gegen Rechts“ in Detmold engagieren. Foto: privat
30.06.2022

Auszeichnung für „Omas gegen Rechts“

Sie stehen mit ihrer Lebenserfahrung für Demokratie und Menschenrechte ein. An diesem Sonntag werden die „Omas gegen Rechts“ für ihr Engagement mit dem Paul-Spiegel-Preis ausgezeichnet. Mit dabei ist auch Brigitte van Ahee, die vor knapp vier Jahren die Ortsgruppe Detmold der „Omas gegen Rechts“ gegründet hat.

„Mir sind während einer Reha-Maßnahme und auch im Alltag immer wieder rassistische Äußerungen aufgefallen. Das ging mir auf die Nerven“, sagt die 70-Jährige im Gespräch mit dem WESTFALENSPIEGEL. Sie wollte das nicht länger einfach hinnehmen, sondern aktiv werden. Zunächst heftete sie sich einen Button an die Kleider mit der Aufschrift „Omas gegen Rechts“. Sie sei mehrfach darauf angesprochen worden. Das war der Startschuss für erste Treffen mit Gleichgesinnten. Inzwischen ist die Gruppe in Detmold auf mehr als 50 Frauen angewachsen, die sich gegen rechte Gruppen und Antisemitismus und für Demokratie und Menschenrechte engagieren.

Besuch in Schulklassen

„Wir haben Aktionsstände vor verschiedenen Wahlen in der Stadt aufgebaut, um die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass es wichtig ist, demokratische Parteien zu wählen“, so Brigitte van Ahee. Auch einen Flashmob gegen eine Querdenkerdemo haben die „Omas gegen Rechts“ Detmold bereits auf die Beine gestellt oder sind bei Kundgebungen für Vielfalt und gegen Hass auf die Straße gegangen. Getreu dem Motto der Initiative: „Alt sein heißt nicht stumm sein!“

Zeigen Gesicht in Detmold: Die Omas gegen rechts. Foto: privat

Zeigen Gesicht in Detmold: die Omas gegen Rechts. Foto: privat

Außerdem besuchen die Seniorinnen regelmäßig Schulklassen, um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. „Das ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir haben zwar den Krieg und die Nazizeit nicht mehr selbst erlebt, wissen aber aus den Erzählungen unserer Eltern, wie viel Leid die Nationalsozialisten über Europa gebracht haben“, so van Ahee. In den Treffen mit den Jungen Menschen erzählen sie die Geschichten ihrer Familien und erklären, warum sie große Sorge haben, dass die rechten Gruppen wieder stärker werden. Dazu sagt Brigitte von Ahee: „Die Botschaft, dass ein Volk sich über andere erhebt und besser sein soll als alle andere, ist mir zutiefst zuwider. Das ist unmenschlich, solche Ideologien kann ich nicht gut aushalten.“

Jeder ist willkommen

Bei ihren öffentlichen Auftritten werden die „Omas“ auch schon mal angepöbelt. Einschüchtern kann das die älteren Damen aber nicht. Diesen Einsatz hat auch der Zentralrat der Juden honoriert und die „Omas gegen Rechts“ bereits 2020 zum Preisträger des Paul-Spiegel-Preises für Zivilcourage ausgerufen. „Die ‚Omas gegen rechts‘ bringen ihre Lebenserfahrung und ihre Zeit ein, um sich für unsere Demokratie zu engagieren. Sie setzen laut und deutlich ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus und Rassismus sowie gegen Frauenfeindlichkeit. Ihre Protestformen sind kreativ und modern. Leider sind sie regelmäßig Anfeindungen ausgesetzt. Doch davon lassen sie sich nicht einschüchtern. Ihr Engagement ist vorbildlich und sollte in unserem Land stärker gewürdigt werden als bislang“, sagt der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster.


Weitere Informationen zu der Initiative und Ansprechpartner gibt es auf der Website von Omas gegen rechts.


Pandemiebedingt kann die Preisverleihung erst in diesem Jahr stattfinden. Auch Brigitte van Ahee wird dabei sein, wenn die „Omas gegen Rechts“ am Sonntag (03.07.) in Berlin ihre Auszeichnung entgegennehmen. Neben Detmold gibt es in Westfalen auch Gruppen in Münster, Bielefeld, Paderborn, Dortmund, Siegen, Minden und Dorsten. Eines ist Brigitte van Ahee zum Abschluss des Gesprächs noch wichtig: „Auch wenn wir ,Omas gegen Rechts’ heißen, dürfen sich natürlich auch Opas und auch Kinder und Enkel einbringen“, sagt sie. Jede Stimme gegen Rechts sei willkommen.

Jürgen Bröker/wsp

Der Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage wird seit 2009 vom Zentralrat der Juden in Deutschland in Erinnerung an seinen früheren Präsidenten Paul Spiegel und dessen Engagement gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sowie für eine starke Bürgergesellschaft vergeben. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.

 

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