Marktforschung per Telefon war viele Jahre eine Kernkompetenz vom Bielefelder Emnid-Institut. Foto: Tim Reckmann / pixelio.de
25.03.2021

Ende einer Ära

Das Bielefelder Meinungsforschungsinstitut Emnid galt lange als eine Institution, wenn es um Wahlprognosen und „Sonntagsfragen“ ging. Ende März endet diese Tradition.

Der Bielefelder Standort von Kantar, wie das Institut zuletzt hieß, wird zum 31. März 2021 offiziell geschlossen. Laut Medienberichten sind rund 160 Mitarbeiter betroffen. 

Grund sei eine strategische Entscheidung, heißt es vom Eigentümer, der Kantar GmbH. Die Nachfrage nach Marktforschung habe sich verändert und die Corona-Pandemie diese Entwicklung „deutlich beschleunigt“, sagte Geschäftsführer Stephan Stumpp in einem Interview mit dem Online-Magazin planung&analyse. Er strebe für Kantar ein „nachhaltiges Wachstum“ an. Das Aus der Standorte in Bielefeld und Hamburg sei das Ergebnis „wirtschaftlicher und strategischer Analysen“. 

Hintergrund dieser Entscheidung ist offenbar ein umfassender Trend: Die klassische Markt- und Meinungsforschung per Telefon, viele Jahre eine Kernkompetenz von Emnid, hat in Zeiten der Digitalisierung an Bedeutung verloren. Viele Daten sind heute frei verfügbar oder können auf digitalen Wegen gesammelt werden. Stattdessen stehen die Analyse und die Auswertung sowie die Beratung von Kunden im Mittelpunkt der Forscher.

Mit der Standortschließung endet in Bielefeld eine Ära: 1945 gründete Karl-Georg von Stackelberg das Institut für „Erforschung der öffentlichen Meinung, Marktforschung, Nachrichten, Informationen und Dienstleistungen“, kurz Emnid, in Bielefeld. Die Bundesregierung beauftragte das Unternehmen regelmäßig in Sachen Meinungsforschung. Die Umfragen waren viele Jahre fester Bestandteil von Nachrichten und Politiksendungen im Fernsehen. Seit 1990 wechselten in Bielefeld Eigentümer und Kooperationspartner des Instituts; es firmierte dann einige Jahre unter dem Namen TNS Emnid. Seit 2016 ist die britische Kantar Group der Inhaber. Bereits 2019 verschwand der Traditionsname Emnid, zuletzt firmierte das Institut ausschließlich unter dem Namen der Konzernmutter. 

wsp

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