Der CDU-Fraktionschef Ralf Brinkhaus (li.) war zu Gast bei der Regionalkonferenz des Bürgerrates in Gütersloh. Foto: Claudine Brinkhaus
12.09.2019

Erster Bürgerrat: Mehr reden über Demokratie

Ein Bürgerrat als Demokratieexperiment: Am 13. und 14. September treffen sich 160 zufällig ausgewählte Menschen aus Deutschland in Leipzig, um darüber zu diskutieren, wie es mit der Demokratie in Deutschland weitergehen kann.

Der Bürgerrat wurde von der Initiative „Mehr Demokratie“ und der Schöpflin Stiftung ins Leben gerufen und wird von den politischen Parteien unterstützt. Das Gremium kann nach dem Abschluss der Diskussionen ein Bürgergutachten ausarbeiten und der Politik Empfehlungen geben, wie die Demokratie in Deutschland lebendiger gestaltet werden kann.

„Mehr Mitsprache notwendig“

Der Münsteraner Politikwissenschaftler Prof. Dr. Norbert Kersting hat an der Entwicklung des Bürgerrats mitgewirkt und die Organisatoren beraten. Er ist überzeugt, dass auf Bundesebene mehr Mitsprache von Bürgern notwendig ist. „Auf kommunaler und auch auf regionaler Ebene gibt es einige Beteiligungsinstrumente, wie Kinder- und Jugendparlamente oder auch Beiräte, die gut funktionieren. Auf Landes- und Bundesebene passiert im Vergleich zu vielen anderen Ländern in dieser Hinsicht zu wenig.“ In Irland beobachtete Kersting, dass ein Bürgerrat positive Auswirkungen haben kann. „Umstrittene Themen wie zum Beispiel gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder auch das Recht auf Abtreibung wurden dort diskutiert. Über die Argumente aus diesem Forum wurde dann auch in der breiten Öffentlichkeit weiter gesprochen, gerade weil sie einmal nicht von Vertretern der Parteien oder Experten, sondern von den dort vertretenen Normalbürgern formuliert wurden.“

Prof. Dr. Norbert Kerstin. Foto: privat

Prof. Dr. Norbert Kerstin. Foto: privat

Bei der Regionalkonferenz des Bürgerrates in Gütersloh war Kersting vor Ort. „Politiker aller Fraktionen und Vertreter gesellschaftlicher Gruppen waren hier beteiligt. Das war ein positives Signal und nun sind wir gespannt, wie es weitergeht, wenn die per Los ausgewählten Bürger beim Bundestreffen diskutieren.“ Thema des ersten Bürgerrates wird die Demokratie sein. Dabei geht es unter anderem darum, wie die parlamentarische Demokratie durch die Beteiligung von Bürgern ergänzt werden kann. „Das demokratische Experiment muss sich einspielen und kann in den kommenden Jahren andere Themen wie zum Beispiel den Umweltschutz aufgreifen“, so Kersting.

Am „Tag für die Demokratie“ am 15. November werden die Ergebnisse der Diskussionen in Berlin vorgestellt und Regierungsvertretern übergeben. Was der Bürgerrat dann mit seinen Empfehlungen erreichen kann? Der Münsteraner Politikwissenschaftler ist optimistisch: „Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass es Empfehlungen geben wird, die auch von Politikern aufgegriffen werden. Einiges davon wird auch umgesetzt. Genauso wichtig ist mir aber auch, dass der Bürgerrat breite Diskussionen initiiert.“

wsp

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