Schüler haben in Münster ihre Wünsche für den Frieden auf gelb-blaue Fähnchen geschrieben. Die Kommunen bereiten sich auf die Ankunft vieler Menschen aus der Ukraine vor. Foto: Bröker/wsp
10.03.2022

Flüchtlinge sind willkommen

Mehr als zwei Millionen Menschen sind bereits aus der Ukraine geflohen. Die Städte der Region bereiten sich auf eine Flüchtlingswelle vor, ohne zu wissen, wie viele Geflüchtete tatsächlich kommen.

„Hunderttausende Menschen sind in den unmittelbaren Anrainerstaaten. Wie viele von ihnen nach Deutschland weiterreisen wollen und wohin dann genau, wissen wir schlicht nicht. Derzeit können die Flüchtenden sich für 90 Tage in Europa frei bewegen. Wir können daher nicht alles planen“, sagte NRW-Städtetagspräsident Pit Clausen, der zugleich Oberbürgermeister von Bielefeld ist, in einem Interview mit der Rheinischen Post.

Vor welche Herausforderungen diese Ungewissheit die Städte stellt, zeigt das Beispiel Münster. Dort war das Aufnahmekontingent von 500 Plätzen bereits Mitte der Woche ausgeschöpft. „Münster musste in den ersten fünf Tagen mehr geflüchtete Menschen unterbringen, als der Stadt in jedem einzelnen der vergangenen drei Jahre insgesamt von Landesseite zugewiesen wurden“, schreibt die Stadt. Nun sollen in der Domstadt zügig Notunterkünfte hergerichtet werden. Diese sollen als Übergangslösung fungieren, bis etwa die leerstehende Blücher-Kaserne geflohene Menschen aufnehmen kann.

Zentrale Unterbringungseinrichtung reaktiviert

Damit die Kommunen etwas mehr Zeit gewinnen, um sich auf längerfristige Lösungen vorzubereiten, will die Bezirksregierung Münster die ehemalige Zentrale Unterbringungseinrichtung des Landes (ZUE) in Schöppingen reaktivieren – allerdings ausschließlich für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine und zeitlich befristet. „Vorbehaltlich notwendiger Einrichtungs- und Instandsetzungsarbeiten wird die Landeseinrichtung ab der vierten März-Woche wieder bezugsfertig sein und dann abhängig der Familien-Zusammensetzung der Kriegsflüchtlinge zwischen 300 und 400 Menschen aufnehmen können“, teilt die Bezirksregierung mit. In dieser Woche war zudem die ZUE Dorsten als Ukraine-ZUE in Betrieb genommen worden. So können im Regierungsbezirk Münster bald bis zu 950 Menschen in Landeseinrichtungen für Kriegsflüchtlinge unterkommen, heißt es weiter.

Im Regierungsbezirk Münster soll die Zentrale Unterbringungseinrichtung des Landes (ZUE) in Schöppingen reaktiviert werden. Foto: Bezirksregierung Münster

Im Regierungsbezirk Münster soll die Zentrale Unterbringungseinrichtung des Landes (ZUE) in Schöppingen reaktiviert werden. Foto: Bezirksregierung Münster

In Arnsberg wurden zu Beginn der Woche die ersten rund 100 Flüchtlinge aufgenommen. Bürgermeister Ralf Paul Bittner hat zugesagt, die Kapazitäten deutlich hochzufahren und kurzfristig Lösungen anzubieten. „Wir sind Mitglied in der Initiative sichere Häfen und wollen dies jetzt auch den Menschen zeigen, die dringend unserer Hilfe bedürfen. Kein Mensch, der in Arnsberg ankommt, soll unversorgt bleiben“, so Bürgermeister Bittner. Dazu habe sich die Stadt Arnsberg auch um Dolmetscher gekümmert und will eine unkomplizierte Aufnahme und eine gute Betreuung der Geflüchteten vor allem durch den Bereich Zuwanderung und Integration, sowie die Unterstützung durch das Jobcenter und das Jugendamt der Stadt sicher stellen, teilt die Stadt mit.

Flüchtlinge kommen in ehemaliger Kirche unter

In Gelsenkirchen stehen in den Flüchtlingsunterkünften der Stadt rund 200 freie Plätze zur Erstaufnahme zur Verfügung. Die Emscher-Lippe-Halle werde bis Ende März zur Erstaufnahme von etwa 300 Menschen vorbereitet, so die Stadt in einer Mitteilung. Um kurzfristig zu helfen, wurden die Räumlichkeiten einer leerstehenden Kirche und ihrer angrenzenden Gebäude für die Aufnahme von Flüchtlingen in Zusammenarbeit mit Gemeindemitgliedern vorbereitet. Ina Geldermann, Leiterin des Referates Soziales, weiß, wer in Gelsenkirchen Zuflucht sucht, und kann so für eine passgenaue Unterbringung der Menschen an ihrem ersten Zufluchtsort sorgen. „Auch eine erste medizinische Versorgung ist sichergestellt. Vor allem sollen die Menschen erst einmal ankommen und zur Ruhe kommen“, sagt Geldermann. Vor Ort wird es eine sozialarbeiterische Betreuung durch die Diakonie geben. Auch Dolmetscher stehen bereit.

In der ehemaligen Kirche St. Maria Himmelfahrt sollen Flüchtlinge aus der Ukraine unterkommen. Foto: Stadt Gelsenkirchen

In der ehemaligen Kirche St. Maria Himmelfahrt sollen Flüchtlinge aus der Ukraine unterkommen. Foto: Stadt Gelsenkirchen

Fast 200 Menschen aus der Ukraine sind inzwischen auch in Recklinghausen angekommen. Nach Angaben der Stadt sind sie zu einem großen Teil zunächst bei Verwandten und Bekannten untergekommen. Etliche Vertriebene haben aber auch eine Heimat auf Zeit in einer der Flüchtlingsunterkünfte der Stadt gefunden. Problematisch ist wohl, dass einige Geflüchtete ihre Haustiere mitbringen. Diese können nicht mit in eine Sammelunterkunft genommen werden. Daher sucht die Stadt nun Anbieter, die bereit sind, Geflüchtete mit Hunden – oder anderen Haustieren – aufzunehmen. In zahlreichen Kommunen werden zudem noch Übersetzer gesucht, die den Flüchtlingen bei der ersten Orientierung helfen können.

Noch sind die Städte im Unklaren, welche Unterstützung sie von Bund und Land bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge erhalten werden.

jüb/wsp

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