Die Stadt Hattingen will das Kanalnetz an den Ruhrverband übertragen. Foto: HansPeter Schröer, pixabay
12.04.2019

Hattingen überträgt Kanalnetz an den Ruhrverband

Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hattingen hat der Übertragung des Kanalnetzes an den Ruhrverband zugestimmt. Die Übertragung soll 110 Millionen Euro in die leeren Kassen der Stadt spülen.

„Mit dem Geld können wir einen großen Schritt aus der Schulden- und Zinsfalle machen und werden auf einen Schlag weniger abhängig von den Schwankungen auf den Geldmärkten“, sagte Kämmerer Frank Mielke im Gespräch mit dem Westfalenspiegel. Allein die Kassenkredite Hattingens belaufen sich derzeit auf 130 Millionen Euro.

Planungshoheit bleibt der Kommune

Mielke versicherte, dass den Bürgen durch das Geschäft selbst keine Gebührenerhöhungen bevorstehen. Auch der Ruhrverband teilt auf Anfrage mit, dass sich für die Bürgerinnen und Bürger nichts ändern werde: „Die Planungshoheit – also die Aufstellung des Abwasserbeseitigungskonzepts sowie die Gebührenhoheit – verbleiben bei der Stadt. Das Betriebspersonal und Ansprechpartner für die Bevölkerung bleiben vor Ort. Die Gebührenbescheide werden weiterhin von der Stadt ausgestellt und versandt. Gebührenerhöhungen, die über das hinausgehen, was die Stadt ohnehin berechnen würde, sind ausgeschlossen.“

Für den Ruhrverband ist das Geschäft deshalb interessant, weil das System der Siedlungsentwässerung und Abwasserreinigung nun in einer Hand liege, dadurch können der Betrieb und die notwendigen Investitionen besser aufeinander abstimmt werden, so der Ruhrverband weiter. Personelle und maschinelle Ressourcen könnten effizienter genutzt werden. „Finanzielle Vorteile hat der Ruhrverband durch die Kanalnetzübertragung nicht, er ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Non-Profit-Unternehmen“, heißt es weiter.

Vorreiter Meschede und Schmallenberg

Für Wartung und Betrieb des Kanalnetzes in Hattingen soll zukünftig der Ruhrverband zuständig sein. Foto: Hartmut910 / pixelio.de

Für Wartung und Betrieb des Kanalnetzes in Hattingen soll zukünftig der Ruhrverband zuständig sein. Foto: Hartmut910 / pixelio.de

Noch stehen Prüfung und wasserwirtschaftliche (durch die Bezirksregierung) und verbandsrechtliche (durch das NRW-Umweltministerium) Genehmigungen aus. Diese sollen bis zum Jahresende abgeschlossen sein, so dass das Geschäft zum Jahreswechsel vollzogen werden könnte. Dann würde dem Ruhrverband das wirtschaftliche Nutzungsrecht des Hattinger Kanalnetzes übertragen und er wäre für den Betrieb des Netzes verantwortlich.

Hattingen ist nicht die erste Kommune in Westfalen, die einer Übertragung des Kanalnetzes an den Ruhrverband zugestimmt hat. Zuvor hatte schon Schmallenberg im Jahr 2017 für rund 20 Millionen Euro einen entsprechenden Vertrag mit dem Ruhrverband geschlossen. Möglich wurde das Geschäft damals durch eine Änderung des Landeswassergesetzes im Jahr 2016. Vorreiter war allerdings Meschede. Die Kommune im Sauerland hatte bereits vor mehr als zehn Jahren trotz damals unklarer Rechtslage ihr Kanalnetz übertragen. Dem Modell könnten noch weitere Kommunen folgen. „Wir sind mit anderen Kommunen im Gespräch, die die Option eventuell ebenfalls wahrnehmen möchten“, so der Ruhrverband.

jüb

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