Bernadette La Hengst spielt ihr Theaterstück "Mutter**Land" am 17. und 18. September auf Burg Hülshoff in Havixbeck. Foto: Jasper Kettner
16.09.2021

„Jeder Ort kann Heimat sein“

Mit dem Theaterstück „Mutter**Land“ unternimmt Bernadette La Hengst eine musikalische Zeitreise zu den Lebensstationen ihrer Mutter. Der theatralische Spaziergang ist am Wochenende, 17. und 18. September, auf Burg Hülshoff in Havixbeck zu sehen. Für die Sängerin ist der Auftritt auch eine Rückkehr in ihre westfälische Heimat, erzählt sie im Interview. 

Frau La Hengst, worum geht es in „Mutter**Land“?
Das Stück ist eine musikalische und performative Spurensuche und orientiert sich an den Lebensstationen meiner Mutter, die in den 1980er Jahren gestorben ist, als ich 16 Jahre alt war. Ihr Leben war von der Vertreibung geprägt, aber auch von freiwilliger Migration. Sie ist von Schlesien in die DDR geflohen und später nach Westdeutschland. In den 1960er Jahren hat sie im Libanon und in Syrien gelebt, wo auch meine Brüder geboren worden sind.

Sie sind aber in Münster geboren.
Richtig, und ich bin in Ostwestfalen aufgewachsen. Ich habe vor einigen Jahren meine Familiengeschichte in Gesprächen mit meiner Tante recherchiert und mit allen Widersprüchlichkeiten beschrieben. Entstanden ist ein Drei-Generationen-Stück über Erinnerung, Gegenwart und die Zukunft. Um dies zu betonen, spielt meine 16-jährige Tochter Ella meine Mutter.

Die Musikerin und Theatermacherin Bernadette La Hengst wurde 1967 in Münster geboren und wuchs in Bad Salzuflen auf. Sie spielte und sang in den 1990er Jahren bei der Hamburger Band "Die Braut haut ins Auge". Foto: Jasper Kettner

Die Musikerin und Theatermacherin Bernadette La Hengst wurde 1967 in Münster geboren und wuchs in Bad Salzuflen auf. Sie spielte und sang in den 1990er Jahren bei der Hamburger Band „Die Braut haut ins Auge“. Foto: Jasper Kettner

Wie haben Sie aus der Familiengeschichte ein Theaterstück gemacht?
Ich habe gemeinsam mit einer Filmemacherin eine Revue entwickelt, die als ein Spaziergang unter freiem Himmel gestaltet ist. Die Bewegung vermittelt vielleicht auch einen Eindruck der Migrationen und die Songs verbinden die Lebensstationen. Ich greife an dem Abend auch einmal in meine Songkiste und singe zum Beispiel ein Lied aus den 1990er Jahren, als ich in der Band „Die Braut haut ins Auge“ war. Schon damals, in einer ganz anderen Lebensphase, hat mich die Frage nach Heimat beschäftigt.

Politisch engagiert

Das Thema hat für Sie auch eine politische Bedeutung.
Ich kann mein Leben und meine Kunst nicht ohne politisches Engagement denken. Daher engagiere ich mich für Projekte mit Geflüchteten und bin auch bei Demonstrationen aktiv. Zum Beispiel bei dem kulturpolitischen Netzwerk „Die Vielen“, die sich gegen Angriffe von Rechts auf die Kunstfreiheit einsetzen und zur Zeit ihre Kampagne „Wahlrecht für Alle! verbreiten. Mir ist es wichtig, offen über Heimat zu sprechen und zu fragen, wie Heimat aussehen kann, wenn man sie verloren hat.

Sind das Münsterland und Ostwestfalen Ihre Heimat?
Ich bin überzeugt davon, dass jeder Ort eine Heimat sein kann. Mit einer nostalgischen Verklärung dieses Begriffs kann ich nicht viel anfangen. Ich mag es jedoch, Orte aus meiner Kindheit und Jugend neu zu entdecken, so wie es zum Beispiel bei meinen Auftritten im Festival „Wege durch das Land“ in Ostwestfalen war.

Sie treten nun mit „Mutter**Land“ auf Burg Hülshoff auf. Ein besonderer Ort?
Ich war schon mehrere Male auf Burg Hülshoff und finde es toll, was dort passiert. Durch die Festivals und Veranstaltungen des Center for Literature ist dieser historische Ort in Bewegung gekommen. Außerdem wird bei meinem Auftritt auch meine Tante zu Gast sein, die in der Region lebt, und auch als Stimme in dem Stück auftaucht. Das ist wirklich etwas Besonderes.

Weitere Informationen zum Stück und zum Auftritt auf Burg Hülshoff hier.

Interview: Annette Kiehl, wsp

Lesen Sie auch im Bereich "Kultur"

Testen Sie den WESTFALENSPIEGEL

Ihnen gefällt, was Sie hier lesen? Dann überzeugen Sie sich von unserem Magazin