In den vergangenen Wochen wurde bereits in Städten wie Münster, Bielefeld oder auch Recklinghausen demonstriert. Foto: Bröker
01.02.2024

„Kritische Masse“

Die Protestwelle gegen Rechtsextremismus hält an. Nach Demonstrationen in Großstädten gehen nun auch Menschen in kleineren Orten auf die Straße.

In Unna, Datteln oder auch Herten demonstrierten am vergangenen Wochenende tausende Bürgerinnen und Bürger, für das erste Februarwochenende sind Demonstrationen zum Beispiel in Neheim, Schwelm oder auch Herdecke angekündigt. Im münsterländischen Coesfeld haben zahlreiche Organisationen, darunter verschiedene Parteien, Gewerkschaften, Umweltschützer oder auch die Tafel unter dem Motto „Coesfeld steht gemeinsam gegen rechts“ zum Protest aufgerufen. In Emsdetten gründete sich auf Initiative der Grünen das Aktionsbündnis „EBI – Emsdetten für Bleiberecht und Integration“. Lokale Parteien, Vertreter der Moschee-Vereine und der Kirchen in Emsdetten und weitere Akteure sowie Vereine haben ihre Unterstützung zugesagt. Auf einer Online-Fotowand signalisieren Bürger, dass sie hinter dem Aufruf stehen und am 4. Februar gemeinsam gegen Rechts auf die Straße gehen.

„Katholische Kirche mobilisiert“

Im Ennepe-Ruhr-Kreis ruft Landrat Olaf Schade zur Teilnahme an den Demos auf. „Die Menschen gehen auf die Straße, treten für Weltoffenheit, Mitmenschlichkeit und Vielfalt ein, zeigen Diskriminierung und Rassismus, Populismus und NS Vokabular die tiefrote Karte und das ist ebenso gut wie notwendig“, sagt der SPD-Politiker. Zuletzt hätten die Teilnehmerzahlen in Städten wie Hattingen und Witten die Erwartungen der Veranstalter deutlich übertroffen. „Die Bürgerinnen und Bürger machen sehr sehr deutlich: Nicht die, die die Klaviatur des Populismus beherrschen, haben die Mehrheit. Vielmehr sind es diejenigen, die für die Werte eintreten, die unser Land auszeichnen und die etwas aus unserer Geschichte gelernt haben“, so Schade.

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Der Politikwissenschaftler Prof. Norbert Kersting von der Universität Münster beobachtet, dass die Proteste gegen Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Diskussionen zur Gefahr von Rechts wurden vor einigen Wochen und Monaten eher an Universitäten oder in der überregionalen Presse geführt, nun seien diese auch in Gesprächen auf Marktplätzen präsent.

Interessant sei dabei gerade die Bedeutung des ländlichen Raums. „Hier gibt es traditionell eine höhere Wahlbeteiligung und eine stärkere Bindung an Parteien, vor allem die CDU. Demonstrationen hingegen finden eher in Großstädten statt“, sagt Kersting. In Zusammenhang mit den Protesten gegen Rechts habe sich nun auch in kleineren Gemeinden eine „kritische Masse“ gebildet, die Menschen motiviert, auf die Straße zu gehen. „Beispielsweise mobilisiert in sauerländischen Gemeinden die katholische Kirche viele Gläubige“, beobachtet der Wissenschaftler. 

Auch Unternehmer positionieren sich

In Arnsberg machte Propst Stephan Schröder in einem Aufruf deutlich, dass in den Gemeinden, Schulen, Kitas sowie in den caritativen Einrichtungen danach gestrebt werde, nach den Werten des christlichen Menschenbildes zu leben. „Wir stellen uns entschieden gegen jede Form des Extremismus, die diesen Werten und unserem Grundgesetz entgegensteht“, so Schröder. Angesichts des wachsenden Rechtsextremismus in Deutschland sei es besonders wichtig, wachsam zu bleiben. „Als Katholische Kirche in Arnsberg rufen wir zur Teilnahme an der Demonstration ‚Arnsberg steht auf‘ am 2. Februar auf“, erklärt der Arnsberger Propst.

In Ostwestfalen hat sich das Bündnis „Wirtschaft für Demokratie“ gegründet. „Wir stehen ein für unsere Demokratie – basierend auf unserem Grundgesetz, das Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde für uns alle garantiert“, heißt es in dem Manifest der Initiative des Branchennetzwerks „owl maschinenbau“. Zu den beteiligten Unternehmen zählen unter anderem Branchenriesen wie Miele aus Gütersloh und Phoenix Contact aus Blomberg sowie die owl GmbH.

aki, wsp

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