Leere Wippen und knappe Kassen: Städte bauen Spielplätze ab
Westfalen (wh). Wie viele Spielplätze braucht die Stadt? Deutlich weniger als derzeit vorhanden, entschied der Lemgoer Stadtrat einstimmig: 24 der 44 Spielplätze sollen geschlossen werden, um so 200.000 Euro jährlich einzusparen. Der Abbau des öffentlichen Spielraumes ist nur eine von vielen Maßnahmen, mit denen die Stadt ihre Schulden reduzieren will. Trotzdem regt sich gerade gegen diese Pläne deutlicher Widerstand " etwa durch die "Lemgoer Initiativen zum Erhalt der Spielplätze".
Thomas Portong, Geschäftsbereichsleiter Jugend und Schule bei der Stadt Lemgo, weiß, wo diese Proteste herrühren: "Spielplätze haben einen großen Symbolwert. Das ist immer ein sehr emotionales Thema." Für ihn gibt es nichtsdestotrotz keine Alternative zum geplanten Abbau " nicht nur aus Gründen der Haushaltskonsolidierung: "Die Lebensumstände der Kinder haben sich deutlich verändert. Sie besuchen immer früher Spielgruppen und Kitas und verbringen immer mehr Zeit in der Schule. Es gibt weniger Bedarf an Spielplätzen."
Die Frage, wie viele Spielplätze eine Stadt braucht, stellen sich angesichts leerer Kassen viele Kommunen in Westfalen. Die Stadt Arnsberg ist dieser Diskussion bereits einen Schritt voraus – und hat positive Erfahrungen mit dem Abbau gemacht. Ein Drittel aller Arnsberger Spiel- und Bolzplätze wurden in den vergangenen zehn Jahren aufgegeben. Anlass war neben den Sparzwängen der demografische Wandel im Sauerland: Wo weniger Kinder sind, wird weniger gespielt. Ralf Schmidt vom Grünflächenmanagement der Stadt betont aber, dass der Spielplatzabbau kein "bloßer Kahlschlag" war: "Seit dem Jahr 2003 wurden nicht nur Spielplätze abgebaut, es wurde auch in die Qualität der verbleibenden investiert."
Mit den übrig gebliebenen 97 Plätzen sind Verwaltung und Bürger gleichermaßen zufrieden. 150.000 Euro spart die Stadt pro Jahr an Pflegekosten. Proteste gegen den Spielplatzabbau blieben aus: "Wir wollten lieber wenige gute Plätze als viele schlechte und haben das auch immer so kommuniziert", so Schmidt, "die Bürger wurden an den Plänen beteiligt."
In Dortmund geht die Stadtverwaltung einen anderen Weg. Im Gegensatz zu den meisten westfälischen Kommunen ist dort die Zahl der Spielplätze in den vergangenen Jahren leicht gestiegen " auf derzeit 330. Stadtsprecherin Anke Widow führt das in erster Linie darauf zurück, dass in Dortmund viele Neubaugebiete entstehen. Für sie ist es selbstverständlich, dass damit auch der Bau neuer Spielmöglichkeiten einhergeht: "Unsere Stadt muss für junge Familien attraktiv bleiben, da tragen natürlich auch Spielplätze zu bei."
Das sieht auch Holger Hofmann vom Deutschen Kinderhilfswerk so. Der Referent für den Bereich "Spielraum" bedauert die aktuelle Entwicklung der schätzungsweise 40.000 öffentlichen Spielplätze in Deutschland: "Wir beobachten, dass viele Kommunen an ihren Spielräumen sparen. Gleichzeitig wird aber beklagt, dass immer mehr Kinder zu Hause vor dem Fernseher oder dem Computer sitzen. Das passt nicht zusammen." Das Argument des demografischen Wandels will der Spielplatz-Experte nicht gelten lassen: "Auch wenn es in den meisten Städten weniger Kinder gibt, ändert sich dadurch ja nicht deren Bewegungsradius. Sie müssen auch in Zukunft die Spielplätze erreichen können."
Hofmann plädiert für eine ganzheitliche "Spielleitplanung" der Städte und Gemeinden. Neben Dortmund nennt er etwa Steinfurt als gelungenes Beispiel für eine kinderfreundliche Stadtgestaltung – trotz kritischer Haushaltslage: "Eine gute Planung bewirkt, dass die knappen Ressourcen besser verteilt werden. Kinder und Jugendliche brauchen eine Vernetzung des vorhandenen Spielangebotes zu einem zusammenhängenden Ganzen, das gut erreichbar ist. Nur so bleiben die Städte familienfreundlich und damit auch zukunftsfähig."