Das 9-Euro-Ticket haben viele Menschen genutzt. Nun wird um ein Nachfolgeticket gerungen. Foto: Peter Freitag/pixelio.de
31.08.2022

Nachfolge gesucht

Das 9-Euro-Ticket war ein Erfolg. Auch in der Region nutzten es viele Menschen. Zum 1. September läuft es aus – vorerst zumindest.

Allein im Verkehrsverband Rhein Ruhr (VRR) wurden mehr als 3,7 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft. Hinzu kamen rund eine Millionen Abonnenten, deren Ticketpreise auf monatlich neun Euro reduziert wurden, so der VRR. Die einfache Regelung und Handhabung des 9-Euro-Tickets habe einen deutlichen Impuls gesetzt, so der Verkehrsverband weiter. Gleichzeitig haben die vergangenen drei Monate das System des Öffentlichen Personen Nahverkehrs (ÖPNV) aber auch ans Limit geführt.

Johannes Weyer, Professor für Nachhaltige Mobilität an der TU Dortmund findet, dass das 9-Euro-Ticket gleich in mehrerer Hinsicht ein Erfolg war: „Das günstige Ticket wurde von Menschen genutzt, die sonst nicht mit der Bahn fahren. Ebenso konnten Abokunden profitieren, die für die drei Monate finanziell enorm entlastet wurden. Und schließlich hat es die Gelegenheitsfahrer gegeben, die günstig und unkompliziert mit Bus und Bahn Ausflüge unternommen haben.“

„29 Euro wären angemessen“

Auch wenn die ländlichen und strukturschwachen Gebiete nicht ganz so hohe Verkaufszahlen beim 9-Euro-Ticket erreicht haben, war es auch dort durchaus gefragt. „Man weiß, dass zahlreiche Menschen in den vergangenen drei Monaten die Fahrt ins Grüne, die sie normalerweise mit dem Auto unternommen hätten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausprobiert haben“, so Weyer weiter. Erste Studien zeigten zudem, dass sich die Staus auf den Autobahnen verringert haben. „Das spricht dafür, dass der Autoverkehr weniger geworden ist und die Menschen doch eher mit Bus und Bahn unterwegs waren. Daher sollte es auch Einsparungen beim CO2-Ausstoß gegeben haben“, sagt der Mobilitätsexperte. Er bedauert, dass es keine direkte Anschlussregelung gibt: „Ich denke, dass ein vergleichbares Ticket für 29 Euro angemessen wäre.“

Die Sonderaktion lief am Mittwoch (31.08.) aus. Nach Branchenangaben wurden bundesweit rund 52 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft. Der Bund hatte die Aktion mit 2,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Verkehrsanbietern finanziert. Nun hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing zugesichert, dass es eine Nachfolgelösung geben soll – ein „bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket“, wie auch Bundesfinanzminister Christian Lindner twitterte. Über weitere Einzelheiten ist allerdings noch nichts bekannt.

„Letzte Meile“ im Blick

Auch Mobilitätsexperte Weyer sieht dringenden Bedarf für eine Nachfolgeregelung. Die dürfe den Staat auch durchaus etwas kosten. „Wir müssen uns bewusst machen, dass der öffentliche Personennahverkehr zur Daseinsvorsorge gehört. Bus und Bahn fahren kann nicht kostendeckend sein. Wir müssen die Investitionen im Verkehrssektor umschichten. Es wird immer noch zu viel Geld in Autobahnen investiert. Stattdessen müsste mehr in das Bahnnetz investiert werden“, so Weyer im Gespräch mit dem WESTFALENSPIEGEL.

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Dabei müsse die Politik auch die sogenannte letzte Meile in den Blick nehmen: „Wichtig wird sein, dass sich die Politik auch mehr Gedanken darüber macht, wie die Menschen zum Bahnhof kommen. Mehr Fahrradparkhäuser könnten dazu führen, dass sich mehr Pendler und Reisende mit dem Rad zum Bahnhof aufmachen und ihr Fahrrad sowie den Helm und gegebenenfalls den Regenschutz dort sicher aufbewahren können.“

Zunächst müssen die Kunden aber wohl die alten Preise wieder zahlen. Abonnenten in Nordrhein-Westfalen erhalten allerdings einen Bonus. So soll der Geltungsbereich vieler Abotickets im September und Oktober an den Wochenenden (Samstag, 3 Uhr bis Montag, 3 Uhr) auf ganz NRW erweitert werden. In den Herbstferien sowie am Tag der Deutschen Einheit gilt die Erweiterung auch unter der Woche.

Jürgen Bröker/wsp

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