Hebammenstudierende der hsg Bochum tastet hier die Kindslage an einem weiblichen High-Tech-Simulator im so genannten Skills-Lab der Hochschule. Foto: hsg/Volker Wiciok
10.10.2019

Neue Wege in der Hebammen-Ausbildung

Von 2020 an soll die Hebammen-Ausbildung an Fachhochschulen und Universitäten erfolgen. In Bochum gibt es bereits seit 2010 einen Modellstudiengang. Die geplante Akademisierung des Hebammenberufs stößt auf ein positives Echo.

„Die Anforderungen an den Beruf haben sich stark verändert. Deshalb ist es gut, dass die Ausbildung nun an den Hochschulen stattfindet“, sagt Barbara Blomeier, Vorsitzende des Landesverbands der Hebammen NRW. Die Veränderungen zögen sich durch alle Bereiche und beträfen die Medizintechnik ebenso wie die geforderten Qualitätsstandards.

Neben einer intensiveren Ausbildung an einer Hochschule und der damit verbundenen internationalen Anerkennung – Deutschland ist das einzige Land in der EU, in dem Hebammen bisher nicht studieren müssen – setzt der Verband auch darauf, dass der Beruf durch das Studium wieder für mehr junge Menschen attraktiver wird. Denn in vielen Regionen fehlten Geburtshelferinnen und Entbindungspfleger. „Wir haben zwar keinen Flächenbrand. Aber sowohl im Ruhrgebiet als auch im Münsterland oder Ostwestfalen-Lippe gibt es Lücken etwa bei der Wochenbettbetreuung“, sagt Blomeier.

Dr. Nicola Bauer bei der Untersuchung einer Schwangeren. Foto: hsg/Volker Wiciok

Dr. Nicola Bauer bei der Untersuchung einer Schwangeren. Foto: hsg/Volker Wiciok

Die aktuellste Landesberichterstattung für Gesundheitsberufe NRW aus dem Jahr 2017 zeigt, dass in drei von fünf Krankenhäusern mit Geburtshilfe Personal gesucht wird. Der Bericht weise 5.275 Hebammen und Entbindungspfleger in ambulanten und stationären Einrichtungen in NRW aus. Eine belastbare Aussage zu den Bereichen mit fehlenden Kräften sei derzeit aber nicht möglich, teilt das Landesgesundheitsministerium auf Anfrage von westfalenspiegel.de mit.

Modellstudiengang in Bochum

An der Hochschule für Gesundheit (hsg) in Bochum gibt es bereits seit 2010 einen entsprechenden Modellstudiengang. Theorie und Praxisanteil stehen dort in einem anderen Verhältnis als bei der bisher üblichen Hebammen-Ausbildung an einer Berufsfachschule. Dort dauert die Ausbildung drei Jahre und ist aufgeteilt in 1600 Stunden theoretischen Unterricht und mehr als 3000 Praxisstunden. Das Studium an der hsg dauert acht Semester (vier Jahre) und hat einen Umfang von 7200 Stunden, davon 4380 Stunden Theorie.

Dabei müssen die Studierenden in 16 verschiedenen Modulen ihre Prüfungen erfolgreich ablegen, um dann zur staatlichen Abschlussprüfung zugelassen zu werden. „Zum Studium gehört auch ein großer Praxisanteil von etwa 3000 Stunden. In verschiedenen Fertigkeitslaboren lernen die Studierenden unter Anleitung zum Beispiel den Umgang mit Neugeborenen oder die Untersuchung schwangerer Frauen“, sagt Dr. Nicola Bauer, Professorin für Hebammenwissenschaft an der hsg Bochum.

Absolventinnen haben viele Angebote

Seit dem ersten Durchgang im Jahr 2010 haben in den vergangenen Semestern im Durchschnitt etwa 40 Frauen in Bochum das Studium aufgenommen. Im aktuellen Semester sind es 57. „Nahezu alle Absolventinnen arbeiten direkt nach dem Abschluss als Hebamme. Die meisten haben mehr als drei Stellenangebote“, sagt Bauer, die die Akademisierung aufgrund der positiven Erfahrungen in Bochum begrüßt.

Im Vergleich zum Modellstudiengang in Bochum erwartet sie aber auch Veränderungen in der Studienordnung. So könne sie sich vorstellen, dass die akademische Hebammen-Ausbildung zukünftig nicht mehr acht, sondern nur noch sieben Semester dauern werde.

Einige Fachhochschulen und Universitäten in NRW haben schon ihr Interesse bekundet, entsprechende Studiengänge einzurichten. Welche Hochschulen tatsächlich Hebammenwissenschaften anbieten werden, ist aber noch nicht klar. „Eine abschließende Aussage zu den zukünftigen Standorten eines Hebammenstudiums ist aktuell nicht möglich“, so ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums. Noch sind nämlich die Gesetz- und Verordnungsgebungsprozesse für das Hebammenreformgesetz und die dazugehörige Studien- und Prüfungsverordnung nicht abschließend geregelt. Sie bilden aber die Grundlage für die Konzeptionierung und den Aufbau des Studiengangs.

jüb

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