„Sehr, sehr ernst“
Der Ausbau der Gedenkstätte Stalag 326 in Schloß Holte-Stukenbrock steht auf der Kippe. Der Streit um einen Zuschuss des Kreises Gütersloh bringt das bundesweit beachtete Projekt in Gefahr.
Einen Zuschuss von jährlich 460.000 Euro zum Betrieb einer zukünftigen Gedenkstätte Stalag 326 hat der Kreis Gütersloh laut einer Beschlussvorlage eingeplant. Auch weitere Kommunen in Ostwestfalen sind an den Betriebskosten beteiligt; so hat die Stadt Schloß Holte-Stukenbrock kürzlich einen Zuschuss von 140.000 Euro pro Jahr beschlossen. Ein Antrag der CDU-Fraktion im Kreistag Gütersloh bringt diese Planung aber nun ins Wanken.
Dieser sieht einen Zuschuss an den Förderverein von jährlich lediglich 200.000 Euro vor. Zuwendungen für den geplanten Ausbau und Betrieb schließt der CDU-Antrag ausdrücklich aus. Eine bessere Zugänglichkeit der Gedenkstätte sei wünschenswert, Zuschüsse zu Betriebskosten jedoch „nicht zu verantworten“, denn es sei in den kommenden Jahren mit Preis- und Tarifsteigerungen zu rechnen, begründet die Fraktionsvorsitzende Birgit Ernst den Antrag.
Der Vorstoß der größten Fraktion im Kreistag könnte das Vorhaben in Gefahr bringen, sind sich die Beteiligten sicher. „Das wäre sehr sehr ernst für das Projekt“, sagte Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Sie wird am 18. September im Kreisausschuss den Planungsstand vorstellen. Der LWL gilt als wichtiger Förderer des Ausbaus der Gedenkstätte. Der Verband hatte 2020 eine Machbarkeitsstudie dazu vorgelegt und sich um eine Förderung bei Bund und Land bemüht. Außerdem will sich der LWL an den Betriebskosten beteiligen.
Gesamtinvestitionen von rund 64 Millionen Euro
Rückenwind für den Ausbau von „Stalag 326“ hatte es im März dieses Jahres gegeben. Der NRW-Landtag bekannte sich in einem fraktionsübergreifenden Antrag zu dem Projekt. Bund, Land, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe sowie die Kommunen der Region bringen das Projekt gemeinsam mit Finanzmitteln in Höhe von insgesamt 60 Millionen Euro voran, hieß es darin. Veranschlagt sind Investitionen von 64 Millionen Euro.
Das Stalag 326 war von 1941 bis 1945 ein Aufnahme- und Musterungslager und damit für viele Kriegsgefangene eine erste Station auf ihrem Weg in eines der unzähligen Arbeitskommandos in Nordrhein-Westfalen. Rund 65.000 Menschen sind dort ums Leben gekommen. Seit 1970 befindet sich auf dem ehemaligen Stalag-Gelände ein Bildungszentrum der Polizei zusammen mit einer Gedenkstätte. Pläne für einen Ausbau gibt es seit einigen Jahren. Bereits 2015 mahnte der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck auf dem zum Stalag gehörenden Ehrenhof, dass sich auch 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs immer noch die Aufgabe stelle, „das Schicksal der 5,3 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem Erinnerungsschatten herauszuholen“.
aki, wsp