Späte Anerkennung
Mit einem Stolperstein ist in Berlin der Kutscher Bruno Lüdke (1908-1944) gewürdigt worden. Lüdke wurde von den Nationalsozialisten zu Unrecht für mehr als 50 Frauenmorde verantwortlich gemacht und galt bis in die 1990er Jahre als Serienmörder.
Die Siegener Medienhistorikerin Prof. Dr. Susanne Regener und der Münsteraner Historiker Dr. Axel Doßmann haben in ihrem Buch „Fabrikation eines Verbrechers“ dargestellt, wie Bruno Lüdke während der NS- und bundesdeutschen Nachkriegszeit zum Täter gemacht wurde. Bekannt war in den 1950er Jahren der Spielfilm „Nachts, wenn der Teufel kam“, der die Überführung des vermeintlichen Serienmörders kurz vor Kriegsende schildert. Die Hauptrolle spielte Mario Adorf.
Mit einem Stolperstein erfuhr Lüdke nun eine späte Anerkennung als NS-Opfer. Es ist mittlerweile erwiesen, dass er keinen einzigen der ihm angelasteten Morde begangen hat. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte bei der Würdigung an Lüdkes Geburtsort Berlin-Köpenick: „Bruno Lüdke war kein Täter, er war ein Opfer. Er ist im Gewahrsam der Nazis gestorben nach einer Reihe von pseudomedizinischen Menschenversuchen, die an ihm verübt worden sind.“
Zusammen mit dem neuen Leiter des Geschichtsortes Villa ten Hompel in Münster, Axel Doßmann, hielt Susanne Regener die Gedenkrede: „Mit diesem Stolperstein würdigen wir heute einen Menschen, der im Alter von 36 Jahren brutal benutzt und ermordet wurde. Bruno Lüdke war ein Opfer in mehrfacher Hinsicht: Er war ein Opfer der Zwangssterilisation. Er war ein Opfer der NS-Politik gegen sogenannte ‚Gemeinschaftsfremde’, ‚Asoziale’ und ‚Berufsverbrecher’. Und er war ein Opfer der erneut sozialrassistischen Wahrnehmung nach 1945 bis in die 1990er Jahre hinein.“ Auch Münsters Kulturdezernentin Cornelia Wilkens war bei der Verlegung des Stolpersteins durch den Künstler Gunter Demnig vor Ort.
Angeregt wurde die öffentliche Würdigung durch den Schauspieler Mario Adorf. Er bedauert inzwischen, unwissend an der Legendenbildung über Lüdke mitgewirkt zu haben, und setzt sich für dessen Rehabilitierung ein.
wsp