„Verelendung auf der Straße“
Die Verschärfung der Corona-Richtlinien trifft wohnungslose Menschen hart. Viele Anlaufstellen sind geschlossen, Unterstützungsangebote wurden eingeschränkt. In Dortmund bauen vier Organisationen eine Winternothilfe auf, um in Krisen zu helfen.
Die Begegnungsstätte Gast-Haus, die Kana Suppenküche, der Wärmebus und der bodo e.V., der das gleichnamige Straßenmagazin für Bochum und Dortmund herausgibt, haben sich zusammengetan, um in der kalten Jahreszeit eine verlässliche Anlaufstelle zu schaffen. „Seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr haben viele Aufenthaltsorte, Begegnungsstätten und Hilfsangebote für Wohnungslose dauerhaft geschlossen oder sind im Notbetrieb“, sagt „bodo“-Redaktionsleiter Bastian Pütter. „Wir beobachten eine Verelendung von Menschen auf der Straße. Es wird vermehrt in Hauseingängen geschlafen. Das aggressive Betteln, das zuvor kaum ein Thema war, nimmt zu.“
Die „Winternothilfe am U“ soll in den kommenden Wochen eröffnen. Das große Zelt am Rand der Innenstadt wird von der Stadt Dortmund errichtet. Die hygienische und abstandssichere Versorgung von wohnungslosen Menschen mit einer warmen Mahlzeit wird dort von den ehrenamtlichen Hilfsorganisationen übernommen. Zudem wird es Toilettenanlagen und Beratungsangebote im eingeschränkten Umfang geben. „Das kann die weggefallenen Angebote nicht ersetzen, aber zumindest eine Stütze bieten“, so Pütter.
Mit der Schließung zahlreicher Einrichtungen und Anlaufstellen sei für wohnungslose Menschen eine wichtige Struktur im Alltag verlorengegangen. Folge seien akute psychische Notlagen. „Essensausgaben unter freiem Himmel können das kaum auffangen“, betont der Redaktionsleiter.
Das „bodo“-Magazin hatte im Februar gerade sein 25-jähriges Bestehen gefeiert, als wenige Wochen später der Lockdown verkündet wurde. Der Straßenverkauf durch Wohnungslose wurde daraufhin eingestellt. Die weiteren Angebote des Vereins mussten ebenfalls eingeschränkt werden, darunter Beratungsangebote für Menschen in Not, ein Buchladen, Stadtführungen und eine Kleiderkammer. Das Heft wurde daraufhin online und per Post vertrieben. „Wir haben unsere Verkäufer in dieser Zeit unterstützt und für die Hygiene- und Abstandsregeln sensibilisiert“, schildert Pütter die Erfahrungen. Der Straßenverkauf laufe seit Mai wieder regelmäßig und sei erfolgreich. „Das ist für die Verkäufer nicht nur eine Chance, um etwas Geld zu verdienen, sondern auch enorm wichtig für ihr Selbstbewusstsein.“
wsp