Die Siedlung mit kleinen Häusern in Südkirchen. Foto: David Peters Photography
29.02.2024

Winzig wohnen

Minimalistisch, naturnah und günstig soll das „Tiny House“ sein – soweit die Wunschvorstellung. Erste Siedlungen in Westfalen zeigen, wie das Wohnen im kleinen Haus gelingen kann.

In Südkirchen im Münsterland sind vor etwa einem Jahr die ersten Bewohner in die Siedlung mit elf kleinen Häusern gezogen; diese bieten 55 bis 95 Quadratmeter Wohnfläche. Nicht ganz so winzig wie das klassische „Tiny House“, im Vergleich zu herkömmlichen Einfamilienhäusern aber deutlich flächenreduziert seien diese, berichtet Architekt Lothar Steinhoff.

Die drei unterschiedlichen Haustypen verfügen über einen hohen Energiestandard und smarte Technik. Mit diesem Konzept will man in Südkirchen zeigen, dass der Traum vom Einfamilienhaus sich nachhaltig, also mit einem vergleichsweise geringem Flächen- und Ressourcenverbrauch verwirklichen lässt. „Die Bewohner sind begeistert und es gibt ein großes Interesse von anderen Kommunen aus ganz Deutschland“, sagt Steinhoff. Gerade in Zeiten von steigenden Baukosten und hohen Darlehenszinsen gehe der Trend zum „kleinen Wohnen“. Anders als mitunter in den sozialen Medien suggeriert wird, sind diese Häuser aber kein Schnäppchen. Je nach Größe, Ausstattung und Lage müssen Käufer mit einem Preis ab ungefähr 250.000 bis 350.000 Euro rechnen. 

Blick aus der Luft auf die Siedlung mit kleinen Häusern in Südkirchen. Foto: David Peters Photography

Blick aus der Luft auf die Siedlung mit kleinen Häusern in Südkirchen. Foto: David Peters Photography

Also einfach wie einst TV-Moderator Peter Lustig einen Bauwagen in den Garten stellen und den persönlichen Wohntraum vom Tiny House verwirklichen? Gerald Kampert vom Dortmunder Stadtplanungs- und Bauordnungsamt kennt solche Anfragen und winkt ab. Denn auch ein „winziges Haus“ unterliegt dem Baurecht und darf nicht beliebig errichtet oder platziert werden. So laufen die Planungen für ein autofreies „Tiny Village“ in Dortmund-Sölde bereits seit 2019. Sie sind aus der Kampagne „Kleine Häuser – Großes Leben“ entstanden, die für Wohnkomfort auf weniger Wohnfläche wirbt.

Kleine Häuser, großes Interesse

Der Baustart für die etwa 40 Häuser soll erst 2026 erfolgen. Die maximale Wohnfläche pro Person ist auf 45 Quadratmeter für die erste Person des Haushalts begrenzt, für jeden weiteren Mitbewohner kommen 15 Quadratmeter hinzu. Das Interesse sei jedoch groß, berichtet Kampert. 300 Interessenten hat er in seiner Kartei verzeichnet, davon 50 mit konkreten Bauabsichten. Das Besondere dabei ist: Die zukünftigen Eigentümer und Pächter wirken an der Planung ihrer Wohnungen in sogenannten Baugruppen, also den jeweiligen Nachbarschaften, mit. In Planungswerkstätten entscheiden sie, wie genau die Häusern aussehen und wie diese auf dem Gelände positioniert werden sollen.

Vertreten in diesen Runden seien weniger junge Menschen, die persönliche Wohnträume vom minimalistischen Leben verwirklichen wollen, sondern vor allem Menschen über 50 Jahren, die nach dem Auszug der Kinder kleiner wohnen wollen und das entsprechende Budget mitbringen, berichtet Kampert. Ein weiteres, ungewöhnliches Tiny-House-Projekt soll bald auch an anderer Stelle in Dortmund entstehen. Auf dem Gelände der TU Dortmund soll ein Mini-Haus als Gästewohnung gebaut werden – auf einer Doppelgarage.

Fachtagung in Dortmund

Ideen, Planungen und Erfahrungen rund um „Kleines Wohnen – Tiny Houses und Tiny Siedlungen in NRW“ tauschen Experten bei einer Fachtagung am 8. März im Rahmen der BauMesse NRW in den Westfalenhallen Dortmund aus. Weitere Informationen zur Veranstaltung und dem Dortmunder Projekt hier.

aki, wsp

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