In vielen Regionen Westfalens erscheinen wöchentliche Anzeigenblätter. Das wird in Zukunft nicht mehr selbstverständlich sein. Foto: Verena N. / pixelio.de
08.03.2023

Wirtschaftlich prekär

NRW-Medienminister Nathanael Liminski fordert die Bundesregierung auf, Verlage bei der Zeitungszustellung zu unterstützen. Hintergrund sind auch die Ankündigungen westfälischer Verlage, Anzeigenblätter einzustellen oder Redaktionen zu verkleinern.

Die Verlagsgruppe Aschendorff mit Sitz in Münster hatte Anfang Februar Pläne bestätigt, sämtliche Anzeigenblätter im Münsterland und in Ostwestfalen einzustellen. Als Grund nannte das Unternehmen gegenüber dem Westfalenspiegel eine zunehmend prekäre wirtschaftliche Situation: „Drastisch gestiegene Kosten für Papier und Zustellung stellen eine enorme Belastung dar“, so die Geschäftsführung. Für die „Fortführung der Produkte“, also Gratisblätter wie „Hallo“ in Münster oder auch die „Dreingau Zeitung“ in Sendenhorst und Drensteinfurt, gebe es „keine betriebswirtschaftlich sinnvolle Perspektive“, heißt es weiter. 

Stellenstreichungen bei Funke Mediengruppe

Die Funke Mediengruppe mit Sitz in Essen, Verleger unter anderem der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung sowie zahlreicher Anzeigenblätter, darunter der „Stadt Spiegel Bochum“, „Witten aktuell“ oder auch das „Wochenblatt Herne“, will ebenfalls bei den kostenlosen Wochenblättern sparen. Zehn von 18 Redakteurs- und Assistentenstellen fallen dort weg, sämtliche der Funke-Anzeigenblätter in NRW sollen zukünftig zentral in Essen ohne eigene Inhalte produziert werden, berichtet die Gewerkschaft Verdi und kommentiert: Die Medienlandschaft in NRW verliere mit diesem Stellenabbau erneut ein Stück Vielfalt und journalistische Arbeitsplätze. Als Grund werden auch hier steigende Papierpreise als Folge von Energiekrise, Inflation und Rohstoffmangel angegeben. Hinzu käme, dass der Einzelhandel zunehmend auf digitale Kanäle anstatt auf Printwerbung setze. Von der Essener Mediengruppe gibt es hierzu keine Erklärung. Jedoch kündigte das Unternehmen kürzlich an, die Zustellung der Ostthüringer Zeitung in „unwirtschaftlichen Gebieten“ einzustellen. Es gebe jedoch weiterhin eine Digitalausgabe der Zeitung.

Auch NRW-Medienminister Liminski nennt in seiner Forderung an die Bundesregierung die hohen Energie-, Kraftstoff- und Papierkosten sowie die Erhöhung der Lohnkosten als Grund für die prekäre Situation. Dies mache die Zeitungszustellung in weiten Teilen des Landes und insbesondere im ländlichen Raum unwirtschaftlich. Er betonte die Bedeutung der gedruckten lokalen Presse in Zeiten gezielter Desinformationen und Verschwörungstheorien: „Die Mediennutzung wird immer digitaler. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es nach wie vor sehr viele Menschen gibt, die auf die gedruckte lokale Presse nicht verzichten wollen oder können.“ Liminski weist auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag hin. Darin habe die Bundesregierung vereinbart, eine flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen zu gewährleisten. Seither sei jedoch wenig in dieser Angelegenheit unternommen worden, so der Minister.

aki, wsp

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