Zehenbeißen zur Fastnacht: Skurrile Traditionen prägen den westfälischen Karneval
Westfalen (wh). "Rumskedi", "Kattfiller" und "Lünsche Halü": Gerade in den kleineren Städten Westfalens gelten ganz besondere Karnevalstraditionen " und Schlachtrufe.
So tanzen die Beckumer Narren am Rosenmontag mit dem "Kater Rumskedi": Das schwarze Tier ist nicht nur die Symbolfigur, sondern auch Teil ihres Grußes: "Rumskedi Helau". "Kattfiller" schreien hingegen die Karnevalisten in Attendorn und dies hat historische Gründe. Der Ruf deutet auf die Eroberung der Burg Bilstein im 16. Jahrhundert. Statt den anvisierten Kölner Erzbischof trafen die Attendornern dabei versehentlich eine Katze mit der Armbrust. "Kattfiller" " also Katzenmörder " werden die Bürger Attendorns seitdem spöttisch genannt " und stoßen heute selbst mit einem "Dreifachen Kattfiller" an. Auch in Lüdenscheid haben die Narren einen ganz eigenen Gruß entwickelt: "Lünsche Halü" wird dort in Anlehnung an das "Helau" von den Festwagen und Bühnen gerufen.
Solche Bräuche haben bereits Historiker beschäftigt. Denn sie belegen, dass es auch abseits von Köln, Düsseldorf und Münster eine Karnevalstradition gibt. Im Hochsauerland gingen Frauen bis etwa zum Zweiten Weltkrieg am Fastnachtsmontag stets auf Männerjagd. War einer gefangen, "so hielten sie ihn fest, zogen ihm die Schuhe auf und – bissen ihn in den großen Zeh", erklärt Peter Höher, Volkskundler beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe, den skurrilen Brauch. Hygienische und moralische Bedenken konnten dem lange nichts anhaben, erst als das Zehenbeißen in den 1950er Jahren als peinlich galt, verschwand die Sitte aus dem Sauerland.