Einfach mit dem Smartphone ein Rezept einlösen. Das ist die Idee beim E-Rezept. Foto: Pixabay
04.11.2022

Datenschutzbedenken bei E-Rezept

Das bundesweite Pilotprojekt zur Einführung des E-Rezepts hat einen Dämpfer erhalten: Weil der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) den Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) bei der Übertragung des elektronischen Rezepts ablehnt, stoppte die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) zunächst den weiteren „Roll-Out“.

Die Datenschützer hatten bereits im September darauf hingewiesen, dass die bisher vorgesehene Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte nicht mit den Datenschutzbestimmungen vereinbar ist. Bisher war vorgesehen, dass die Arztpraxis das E-Rezept auf der Gesundheitskarte speichert. Der Patient geht damit in eine Apotheke, steckt die Karte in ein Lesegerät und erhält die Medikamente. „Bei diesem Konzept könnte derjenige, der die Hoheit über das Lesegerät hat, sämtliche Rezepte auf der Karte und weitere Daten auslesen, ohne dass dafür eine Freigabe erforderlich wäre“, erklärt ein Sprecher des BfDI gegenüber dem WESTFALENSPIEGEL. Daher fordern die Datenschützer Nachbesserungen, etwa durch Einführung eindeutiger Authentifizierungsmethoden.

„Die Entscheidung des Datenschützers ist eine Bankrotterklärung für die Digitalisierung im Gesundheitswesen generell und speziell in der ambulanten Versorgung“, sagte KVWL-Vorstand Thomas Müller, unter anderem zuständig für Digitalisierung und IT. Für die mehr als 13.000 ärztlichen Mitglieder der KVWL wäre die erste digitale Massen­anwendung ein großer Schritt gewesen. „Nun wird einmal mehr eine große Chance leichtfertig vertan.“

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Westfalen ist die bisher einzige Region in Deutschland, in der das E-Rezept in größerem Stil erprobt wird. Seit dem 1. September beteiligten sich rund 250 Arztpraxen an dem Pilotprojekt. In weiteren Stufen sollte der Teilnehmerkreis erweitert werden, so die KVWL. Doch die Suche nach weiteren Arztpraxen wurde jetzt gestoppt.

„Zettelwirtschaft“ beenden

Auf Seiten der Apotheker in der Region bedauert man den Stopp, kann die Beweggründe jedoch nachvollziehen. Neben der App für das E-Rezept und einem Ausdruck, den der Patient beim Arzt erhält, sei die Übertragung des digitalen Rezepts mit der elektronischen Gesundheitskarte ein wichtiger Weg, um dem Projekt zum Erfolg zu verhelfen, so ein Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Bisher würden deutschlandweit etwa 0,1 Prozent der Rezepte elektronisch ausgestellt. In Westfalen liege der Wert bei 0,4 bis 0,5 Prozent, so der Sprecher weiter. Eigentlich sollte dieser Anteil in den kommenden Woche deutlich auf 25 Prozent wachsen. Durch den Stopp der Akquise ist dieses Ziel unrealistisch geworden.

Mit dem digitalen Rezept soll die „Zettelwirtschaft“ im Gesundheitswesen beendet werden. Abläufe in der Arztpraxis und der Apotheke sollen damit einfacher werden. Zugleich versprechen sich Experten, dass die Behandlung mit Arzneimitteln sicherer wird. Denn das E-Rezept ermögliche eine Medikationserinnerung ebenso wie einen Medikationsplan mit eingebautem Wechselwirkungscheck. So könne einfach überprüft werden, ob alle verordneten Arzneimittel untereinander verträglich seien, heißt es beim Bundesgesundheitsministerium.

Apotheker befürworten E-Rezept

Auch wenn Apotheker durchaus das wirtschaftliche Risiko sehen, dass sich einige Kunden mit der digitalen Medikamentenverordnung direkt an eine Versandapotheke wenden, überwögen doch die Vorteile für alle Beteiligten, so der Sprecher der Apothekerkammer weiter. So würden Abrechnungen mit der Krankenkasse erleichtert. Ebenso böte das elektronische Rezept mehr Klarheit für Patienten und Apotheker, da Dosierungen eindeutig formuliert sind. Dadurch würden weniger Rücksprachen mit dem verordnenden Arzt nötig.

Die hohe Akzeptanz in der Region zeigt auch eine Statistik: Während in Deutschland rund 75 Prozent der Apotheken bereit für das E-Rezept seien, hätten sich in Westfalen bereits mehr 90 Prozent auf die digitale Variante des Rezepts eingestellt, erklärt der Apothekensprecher.

jüb/wsp

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