Bei zahlreichen Gedenkveranstaltungen wird der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Foto: pixabay
26.01.2024

Erinnerung wach halten

Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. An diesem Wochenende wird bei zahlreichen Veranstaltungen den Opfern des Nationalsozialismus gedacht.

Gespräche mit Zeitzeugen, Gedenkstunden mit Beteiligung von Schülerinnen und Schülern, Kranzniederlegungen – das Gedenken an die Opfer des Nationalsozisalismus in der Region ist vielfältig. Seit 1996 wird rund um den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz der Millionen ermordeter und vertriebener Menschen unter Herrschaft der Nationalsozialisten gedacht. Der damalige Bundespräsident Roman Herzog hat diesen Tag vor 28 Jahren zum Gedenktag erklärt.

In Büren (Kreis Paderborn) beschäftigen sich zum Beispiel Poetry Slammerinnen und Slammer bei Auftritten im Burgsaal der Wewelsburg mit Themen wie Rassismus, Alltagsrassismus, Menschlichkeit und Menschenrechten. In Recklinghausen erinnert ein Koffermarsch an die Deportation und Ermordung jüdischer Menschen. Wer an dem Marsch teilnehmen möchte, wird gebeten, einen Koffer, Kerzen oder ein Schild mit der Aufschrift #WeRemember – so lautet das weltweiter Motto des Gedenktages –  mitzuführen. Die Koffer sollen daran erinnern, wie jüdische Menschen damals nur mit ihren allernötigsten Habseligkeiten ihr Zuhause und die Stadt verlassen mussten. Die meisten wurden in Konzentrationslager deportiert und dort ermordet.

Ausstellung im Jüdischen Museum Westfalen

Doch nicht nur Kommunen organisieren Erinnerungsveranstaltungen an die grausamen Taten, auch kulturelle Einrichtungen und andere Organisationen beteiligen sich am Gedenken. So zeigt etwa das Jüdische Museum Westfalen in Dorsten von Freitag an die Foyerausstellung „Christliche Wurzeln des Antisemitismus“. Die Schau verdeutlicht, dass Judenfeindschaft bis in die Antike zurückreicht. Später, im Mittelalter, waren dann christliche Vorstellungen von Jüdinnen und Juden als „Gottesmörder“, „Wucherer“ und „Brunnenvergifter“ in ganz Europa verbreitet. Die Ausstellung zeigt, dass es eindeutige Kontinuitäten zwischen frühen judenfeindlichen Ideen und dem rassistisch motivierten Antisemitismus des 19. Jahrhundert und sogar bis in die Gegenwart gibt, so das JMW. Sie ist bis zum 17. März kostenlos zu besichtigen.

Gegen das Vergessen

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Die Jüdische Gemeinde in Gelsenkirchen lädt in Kooperation mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, dem Institut für Stadtgeschichte und dem Verein Neue Synagoge e.V. am 28. Januar zu einer Gedenkfeier in die Neue Synagoge ein. Erinnert wird an die Millionen Opfer des Nationalsozialismus sowie an die Deportation Gelsenkirchener Juden am 27. Januar 1942 nach Riga. Im Rahmen der Gedenkfeier wird zudem die Wanderausstellung „Einige waren Nachbarn: Täterschaft, Mitläufer und Widerstand“ des United States Memorial Museums eröffnet. Außerdem gibt es mit dem Vortrag „Öffentlich gedemütigt: an die Anprangerung von Elisabeth Markowiak und Julius Rosenberg 1935 in Gelsenkirchen“ eine weitere Perspektive. Um eine Anmeldung per E-Mail wird aus Sicherheitsgründen gebeten.

Sigmund Pluznik und Carlo Lietz freundeten sich in einem Seniorenheim an. Der eine war als Jude im Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv, der andere desertierte aus der deutschen Armee. Fotos: Zweitzeugen e.V.

Sigmund Pluznik und Carlo Lietz freundeten sich in einem Seniorenheim an. Der eine war als Jude im Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv, der andere desertierte aus der deutschen Armee. Fotos: Zweitzeugen e.V.

Die Zweitzeugen veröffentlichen aus Anlass des Gedenktages ein besonderes Video. Der Film „Auf gute Nachbarschaft – Eine Begegnung nach dem Krieg“ handelt von der Freundschaft zweier Zeitzeugen. Einer von beiden ist ein ehemaliger jüdischer Widerständler, der andere ein desertierter Wehrmachtssoldat.


Zweitzeugin Katharina Müller-Spirawksi mit der Zeitzeugin Erna de Vries. De Vries verstarb im Oktober 2021 im Alter von 98 Jahren, ihre Geschichte lebt dank der Zweitzeugen weiter. Foto: Zweitzeugen e.V.Erfahren Sie mehr über den Verein Zweitzeugen, der die Geschichten von Holocaust-Überlebenden weiter erzählt. So bleiben ihre Erinnerungen lebendig, auch wenn die Zeitzeugen selbst sterben. Lesen Sie mehr


Am Ende ihres Lebens treffen Siegmund Pluznik und Carlo Lietz in einem besonderen Seniorenheim aufeinander, in dem Juden und Christen gemeinsam wohnen. Dort verbringen sie die letzten Jahre ihres Lebens gemeinsam und kommen ins Gespräch miteinander. „Die intime Begegnung der Zeitzeugen verändert nicht nur deren Beziehung, sondern ermöglicht es auch dem Zuschauer einen authentischen Einblick in gelebte Geschichte zu erhaschen. Dabei beweisen Siegmund Pluznik und Carlo Lietz mit bewundernswerter Offenheit und entwaffnender Menschlichkeit, dass Versöhnung kein theoretisches Konstrukt bleiben muss“, so die Zweitzeugen. Hier geht es zum Video.

jüb, wsp

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