Blick in das "Marschall 66"-Gebäude in Marl. Foto: Stadt Marl
20.01.2023

„Es steht viel auf dem Spiel“

Im Dezember hat der Rat der Stadt Marl die Pläne für das Kultur- und Begegnungszentrum „Marschall 66“ gestoppt. Grund sind Steigerungen der Baukosten um rund zehn Millionen Euro auf nun 22,3 Millionen Euro. Im Interview spricht Marls Kulturdezernentin Claudia Schwidrik-Grebe darüber, was dies für die Zukunft der Kultur in der Stadt bedeutet.

Frau Schwidrik-Grebe, nach dem negativen Ratsentscheid ist unklar, wie das Projekt „Marschall 66“ verwirklicht werden kann. Was bedeutet das für die Zukunft des Skulpturenmuseums?
Das Skulpturenmuseum Glaskasten war viele Jahre im Rathaus angesiedelt. Da dies aktuell saniert wird, befindet sich das Museum nun an einem Interimsstandort in einer Schule. Dort können jedoch keine Kunstwerke ausgestellt werden, da die räumlichen Voraussetzungen dies nicht hergeben. Es finden stattdessen einige Aktionen statt, zum Beispiel haben junge Künstler Wandgemälde gestaltet. Im „Marschall 66“ soll das Skulpturenmuseum eine neue Heimat finden. Es war schon eine Herausforderung, in dem denkmalgeschützten Gebäude Museumsräume zu planen, da wir uns dort an die besonderen räumlichen Verhältnisse anpassen müssen. Den Architekten ist jedoch ein großartiger Entwurf gelungen. Es gibt einige Innenhöfe, die der Tradition des Museums als Glaskasten entsprechen. Ein zweistöckiger Gebäuderiegel, der Anfang der 70er-Jahre angebaut wurde, bietet die Möglichkeit, große Skulpturen angemessen zu präsentieren. Dieser Umbau ist vollständig geplant, bis hin zur Position der Steckdosen.

Claudia Schwierig-Grebe. Foto: Stadt Marl, R. Deinl

Claudia Schwierig-Grebe. Foto: Stadt Marl, R. Deinl

Gibt es nun eine Alternative zum Umbau?
Ich bin überzeugt, dass es zu „Marschall 66“ keine sinnvolle und auch keine kostengünstigere Alternative gibt. Wir haben Zusagen über Fördermittel in Höhe von über zehn Millionen Euro. Diese beziehen sich jedoch auf das Gesamtprojekt. Streichen wir nun einzelne Bestandteile, dann fließt auch kein Geld. Gerade für das Museum steht in dieser unklaren Situation viel auf dem Spiel. So sind uns Skulpturen aus den Beständen der West LB als Leihgaben zugesagt worden – eine tolle Perspektive. Wenn wir jedoch nicht die räumlichen Voraussetzungen schaffen, um diese Kunstwerke zu präsentieren, dann gilt diese Vereinbarung wohl nicht mehr.

„Marschall 66“ sollte Standort weiterer Einrichtungen werden.
Das Kultur- und Begegnungszentrum ist ein Schlüsselprojekt für die Stadtplanung in Marl. Als weitere Einrichtung ist dort die Stadtbibliothek geplant, die derzeit im Einkaufszentrum „Marler Stern“ angesiedelt ist – unter räumlich nicht mehr angemessenen Bedingungen. Der Umzug in „Marschall 66“ würde der Bibliothek die Möglichkeit bieten, sich weiterzuentwickeln. Ziel ist dabei nicht mehr ein reiner Ausleihort für Medien zu sein, sondern Orte zum Lernen und Arbeiten oder für Begegnungen zu schaffen. So soll auch ein großes Foyer Teil des Zentrums werden, das Platz für Veranstaltungen bietet und es soll dort auch ein Café und einen Veranstaltungsraum geben.

Was wird nun aus diesen Ideen rund um „Marschall 66“?
Es gibt einen grundsätzlichen Beschluss für „Marschall 66“. Abgelehnt wurden lediglich die Kostensteigerungen, die in großen Teilen aus dem Anstieg des Baupreisindex resultieren. Dieses Phänomen betrifft aktuell praktisch alle Bauprojekte. Der Rat der Stadt Marl hat beschlossen, eine Lenkungsgruppe zu bilden, um alle offenen Fragen zu klären und das Projekt zu begleiten. Das ist ein positives Signal für „Marschall 66“. Klar ist aber auch: Es gibt hierzu keinen Plan B oder C.

Interview: Annette Kiehl, wsp

Lesen Sie auch im Bereich "Kultur"

Testen Sie den WESTFALENSPIEGEL

Ihnen gefällt, was Sie hier lesen? Dann überzeugen Sie sich von unserem Magazin