Pistorius und Klitschko in Münster
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat am Freitag in Münster die erste Westfälische Friedenskonferenz eröffnet. Getagt wird im Rathaus des Westfälischen Friedens.
375 Jahre nach dem Friedensschluss von Münster, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, steht das Thema Frieden im Mittelpunkt der hochkarätig besetzten Konferenz. Neben Pistorius hat auch der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, sein Kommen zugesagt. Armin Laschet, ehemaliger NRW-Ministerpräsident, leitet die Konferenz, die von der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe (WWL) e. V. ausgerichtet wird.
„In einer Zeit vielfältiger internationaler Konflikte, Auseinandersetzungen und Kriege ist es wichtig, sich Gedanken zu machen, wie diese Konflikte vermieden und beigelegt werden können, und hierfür gleichzeitig positive Beispiele hervorzuheben“, sagt Prof. Norbert Kersting, Politikwissenschaftler an der Universität Münster zur Bedeutung der Friedenskonferenz. Zugleich warnt er vor zu hohen Erwartungen an die Konferenz trotz der hochkarätigen Besetzung: „Die westfälische Friedenskonferenz ist aber keine Friedenswerkstatt oder ein Repair Café für den Frieden, in dem konkrete Lösungswege mit den verschiedenen Konfliktparteien ausgehandelt werden.“
„Im Dialog rechtzeitig Konflikte verhindern“
In Bezug auf den Ukraine-Krieg verweise die Konferenz auf die Ergebnisse des Westfälischen Friedens, der die Souveränität der Nationalstaaten hervorhob. „Die Stunde der Diplomatie und konkreter Friedensverhandlungen ist im Ukraine-Konflikt leider wohl noch nicht gekommen. Es ist aber wichtig, dass auch zumindest mögliche Konflikt-Vermittler in Münster teilnehmen“, so Kersting weiter. Neben dem Ukraine-Krieg stehen bei der Konferenz auch der Nahost-Konflikt, „Europas Rolle in der Welt 2030“ und „Die Wirtschaft zwischen den Blöcken“ auf dem Programm.
Die Westfälische Friedenskonferenz soll keine einmalige Sache sein. Mit dem Ende der ersten Ausgabe soll der Startschuss für die Vorbereitung einer weiteren Konferenz im Spätsommer oder Herbst 2024 fallen. „Die Konferenz kann in Zukunft dazu dienen, im Dialog rechtzeitig Konflikte zu verhindern, zu deeskalieren und mögliche Lösungswege in Konflikten aufzuzeigen“, glaubt Kersting.
Liveübertragung im Netz und auf Phoenix
Die Konferenz zieht großes Medieninteresse auf sich. So überträgt der gemeinsame Nachrichtensender von ARD und ZDF Phoenix Ausschnitte der Konferenz live. Außerdem wird es einen Livestream auf der Internetseite der WWL geben. „Wir haben durch die Friedenspreisverleihung zwar schon eine gewisse Routine am selben Ort, durch die große Anzahl von hochkarätigen Gästen aus dem In- und Ausland und aufgrund der Ganztagesveranstaltung sind die Anforderungen noch mal um einiges höher“, so Dr. André Vielstädte, WWL-Geschäftsführer.
Vor 375 Jahren wurde der Westfälische Friede beschlossen. Lesen Sie in unserem exklusiven Interview mit der Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger, warum er so wichtig war – und bis heute beispiellos ist:
„Sie sprachen von einem Wunder“
Ein wichtiger Aspekt der Konferenz ist auch die Sicherheit der Teilnehmer. Bundeskriminalamt und Polizei sind mit zahlreichen Beamten vor Ort, ein privater Sicherheitsdienst ergänzt die staatlichen Kräfte. Auch auf diesem Gebiet hat man in Münster schon einige Erfahrungen gesammelt. Zuletzt beim Treffen der G7-Außenminister im November 2022 an gleicher Stelle.
Prominente Gästeliste
In den verschiedenen Foren werden am Freitag der ehemalige NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück, Kuratoriumsvorsitzender der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, der langjährige EU-Abgeordnete und Außenpolitikexperte Elmar Brok aus Bielefeld und Wolfgang Ischinger, ehemaliger Botschafter in Washington und London sowie langjähriger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, sprechen. Sie diskutieren über Europas Rolle auf der Weltbühne. Zudem werden Dr. Othmar Karas, erster Vizepräsident des Europäischen Parlaments, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, Christian Kullmann, Chef des Chemiekonzerns Evonik, Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur zu Gast sein.
Zugesagt hat kurzfristig auch der ungarische Außenminister Péter Szijjártó, der als einziger Vertreter der Europäischen Union an dem Abkommen aus dem Jahr 2020 zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Sudan und Marokko beteiligt war.
Nach der Konferenz sind die rund 350 geladenen Gäste zu einem festlichen Abschlussdinner im Foyer des LWL-Museums für Kunst und Kultur geladen.
Jürgen Bröker, wsp