Kiesmauern tragen zur Erhitzung der Städte bei. Foto: Imago
05.08.2022

Gegen die Steinwüste im Vorgarten

Schottergärten sind eine Gefahrenquelle bei Starkregen, ein Hitzespeicher und ökologisch wertlos. Immer mehr westfälische Städte verbieten die Verschotterung von Vorgärten in Neubaugebieten.

Waltrop im Kreis Recklinghausen zählte 2018 zu den ersten Kommunen, die im Baubauungsplan Vorgaben zur Begrünung von Vorgartenflächen machten. Hintergrund war damals die Beobachtung, dass immer mehr Flächen im privaten Besitz „versteinern“. Die Folge: Wasser kann dort nicht mehr versickern, die Steine heizen sich im Sommer auf und Insekten finden keinen Lebensraum. Heute, rund vier Jahre nach dem Vorstoß, berichtet die Stadt Waltrop, dass einige Hausbesitzer in einem Neubaugebiet damals bereits Kiesgärten angelegt hatten. „Das Anschreiben zeigte große Wirkung, so dass bereits ganz oder teilweise angelegte Schotterflächen zurückgebaut wurden“, erklärt eine Sprecherin.

Angesichts von Hitzesommern und anhaltender Trockenheit steht das Thema Schottergärten in immer mehr Städten Westfalens auf der Tagesordnung von Verwaltung und Politik. In Münster dürfen seit Anfang 2021 in neuen Wohngebieten keine Kiesgärten mehr angelegt werden, auch unter anderem in Hamm und Bochum ist dies verboten. In den Neubaugebieten werde dies kontrolliert, heißt es dort. Die Städte folgen damit einem Passus in der Landesbauordnung, die eine Begrünung von nicht überbauten Flächen vorsieht. Bestehende Schottergärten sind davon aber nicht betroffen. Noch nicht. Denn NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach will schärfer gegen die Steinwüsten vorgehen. Erfahrungen aus den Kommunen sollen einfließen, wenn das NRW-Bauordnungsrecht dementsprechend geändert wird, heißt es aus dem Ministerium. Konkrete Pläne sind jedoch noch nicht bekannt.

Vertreter der Stadt Münster und der Nabu Naturschutzstation bieten Beratungen zur naturfreundlichen Gestaltung von Gärten an. Foto: Stadt Münster

Vertreter der Stadt Münster und der Nabu Naturschutzstation bieten Beratungen zur naturfreundlichen Gestaltung von Gärten an. Foto: Stadt Münster

Viele Städte in Westfalen setzen bislang auf Beratung und Förderprogramme. „Münster summt auf“ lautet der Titel eines Programms in Münster. Dabei beraten Mitglieder der Naturschutzstation Münsterland Gartenbesitzer bei einer insektenfreundlichen Gestaltung der Außenflächen. Auch werde auf die Auswirkungen auf das lokale Klima hingewiesen. „Die klimatischen Unterschiede zwischen einem grünen Vorgarten und einem Schottergarten sind kein subjektives Empfinden, sondern auch Ergebnis einer Modelluntersuchung des Landes Hessen“, sagt Isabel Scherer, Mitarbeiterin der Stabsstelle Klima bei der Stadt Münster. „Tagsüber lagen hierbei auf Schotterflächen die Temperaturen meist um mindestens 10 Grad höher als über der Pflanzfläche. Deswegen ist im Hinblick auf den vorsorgenden Hitzeschutz in unserer Stadt von der Anlage von Schottergärten auf jeden Fall abzusehen.“

Wie die Kommunen ein allgemeines Verbot der Steinwüsten umsetzen könnten, ist unklar. Sollte es dazu kommen, dann werde die Verwaltung prüfen, unter welchen Voraussetzungen dies zu kontrollieren sei, heißt es aus Münster.

aki, wsp

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