20.01.2015

„Können Künstler Welten retten?“: GWK-Geschäftsführerin Dr. Susanne Schulte über Kulturförderung in Westfalen

Westfalen (wh). Die GWK-Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit zählt zu den ersten Adressen für Künstlerförderung in Westfalen und veranstaltet einzigartige Kulturprogramme. Dr. Susanne Schulte hat seit 1995 als Geschäftsführerin die GWK in ihrer heutigen Form aufgebaut. 2014 wurde sie für ihr Engagement für das Musikleben in Nordrhein-Westfalen mit der "Silbernen Stimmgabel" des Musikrates des Landes NRW ausgezeichnet. Im Gespräch mit "Westfalen heute" spricht sie über die Herausforderungen der Kulturförderung in Westfalen.

Frau Dr. Schulte, es gibt zahlreiche Kulturförderer in Westfalen. Was macht die GWK besonders?
Dr. Susanne Schulte: Wir betreiben Spitzenförderung, das heißt wir unterstützen exzellente junge bildende Künstler, klassische Musiker und Schriftsteller, die aus Westfalen stammen, in der Region leben oder hier studiert haben. Das tun wir durch die Vergabe von Förderpreisen, durch Projektförderung und dadurch, dass wir eigene Konzertreihen und Lesungen veranstalten. Das Preisgeld ist nur ein Teil der Auszeichnung. Viel bedeutender ist die Aufnahme der Preisträger in das GWK-Förderprogramm. So treten die Preisträger, natürlich gegen ein angemessenes Honorar, etwa bei GWK-Veranstaltungen auf und profitieren von unserem Netzwerk, wenn wir sie an Konzertveranstalter, Kuratoren oder Verleger vermitteln.

Gibt es prominente Künstler, die durch die GWK unterstützt wurden?
Wir haben zu einigen großen Karrieren beigetragen. Darunter ist zum Beispiel der Bratschist Nils Mönkemeyer. Er wurde 2006 mit unserem Förderpreis ausgezeichnet und zählt heute zu den erfolgreichsten Musikern in Deutschland.

Mit den GWK-Förderpreisen zeichnen Sie westfälische Künstler aus. Viele verlassen aber die Region und ziehen in die Metropolen.
Natürlich wäre es toll, wenn sie hierblieben. Aber es führt kein Weg daran vorbei, dass herausragende junge Künstler die Region verlassen müssen. Es ist wichtig, dass sie einem größeren Publikum wie Künstlerkollegen, Kulturveranstaltern und -managern auffallen und auch Teil einer internationalen "Szene" werden. Die Talente hierzuhalten, das funktioniert nicht. Es ist jedoch für mich kein Problem, Kontakt zu einem GWK-Künstler zum Beispiel in Berlin zu halten, so wie man eben auch Freundschaften in andere Städte und Länder pflegt.

Sie holen Künstler regelmäßig für Konzerte und andere Veranstaltungen der GWK nach Westfalen.
Unsere Preisträger kommen sehr gern für Auftritte nach Westfalen, und nicht allein deshalb, weil wir faire Honorare zahlen. Sie freuen sich über die Nähe zum Publikum, das zudem etwa bei Lesungen in Münster häufig eine andere Struktur hat als in den Metropolen, wo sich bei Veranstaltungen gleicher Größenordnung vielfach die Insiderszene mehr oder weniger exklusiv trifft.

Künstler und Kreative spielen zunehmend eine wichtige Rolle, wenn es um die Erneuerung von benachteiligten Stadtvierteln oder auch Industriebrachen geht. Kann Kultur diese Erwartung einlösen?
Die kreativen Milieus kann man nicht top-down verordnen oder organisieren, die müssen sich selbst entwickeln. Natürlich kann man von Seiten der Kommunen dazu vielfach infrastrukturelle Hilfestellung leisten, vielleicht aber am besten sogar dadurch, dass man für den Erhalt von Stadtvierteln sorgt, die nicht schick und teuer sind. So richtig "brodeln" tut eine Szene allerdings wohl nur aus sich selbst heraus. Der Fokus vieler Städte auf Kultur ist selbstverständlich begrüßenswert und toll, wenn wirklich mit ihm ernst gemacht wird und nicht bloß verschärftes Entertainment und Mainstream-Kulturwirtschaft gemeint ist. Doch können Künstler marode Welten retten? Ich glaube, das ist zu viel erwartet.

Ein Pressefoto zu dieser Meldung finden Sie auf unserer Website.

Lesen Sie auch im Bereich "Gesellschaft, Kultur, Politik / Wirtschaft"

Testen Sie den WESTFALENSPIEGEL

Ihnen gefällt, was Sie hier lesen? Dann überzeugen Sie sich von unserem Magazin