Geht es nach den Reformplänen des Bundesgesundheitsministeriums müssten Patienten mit Einschnitten bei der klinischen Versorgung rechnen. Foto: Pixabay
16.02.2023

Krankenhäusern droht das Aus

Die Kliniken in Deutschland ächzen unter Personalmangel und knappen Budgets. Eine Reform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach soll die Probleme lösen. Sie hätte rigorose Einschnitte zur Folge, zeigt eine Analyse. 

Beispiel Geburtshilfe: Landesweit würden von 137 Standorten (Stand: 2021) nach der Reform nur noch 35 Standorte übrigbleiben, zeigt eine Auswirkunganalyse, die im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft durchgeführt wurde. 70 Prozent der werdenden Eltern müssten sich in NRW demnach eine andere Entbindungsklinik suchen, heißt es weiter. Grund ist die geplante Einordnung der Kliniken in nur noch drei Versorgungsstufen. Level-1-Krankenhäuser wären für die Grundversorgung zuständig, Level-2-Krankenhäuser für eine Regel- und Schwerpunktversorgung und Häuser im Level 3 würden die Maximalversorgung übernehmen. Die Beschränkung der Geburtshilfe auf die Level 2 und 3 führt zu dem in der Analyse berechneten Abbau der Geburtsstationen.

Auch 70 Prozent Patienten mit akuten Herzinfarkten müssten in anderen Kliniken versorgt werden. Im Regierungsbezirk Münster müssten sich zudem mehr als 60 Prozent der Patienten mit Schlaganfall in einer anderen Klinik behandeln lassen. Der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Ingo Morell, hält die geplante Konzentration bei der Behandlung von Herzinfarkten auf wenige Standorte, wie sie auch für die Schlaganfall-Behandlung geplant ist, dann auch für gefährlich: „Wenn es um Leben und Tod geht, wenn jede Sekunde zählt, kann in einem Bundesland mit 18 Millionen Einwohnern nicht ein dünnes Netz von wenigen Kliniken die Daseinsvorsorge sicherstellen.“ Für das Sauerland prognostizierte er, dass dort die ganze Versorgungsstruktur zusammenbrechen könne.

Folgen für die medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten

Kritik an den Reformplänen kommt auch aus der Region. „Wir rechnen mit ernsten Folgen nicht nur für die medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten“, sagt etwa Esther van Bebber, Vorstandsvorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn. Würde die Reform wie von der Expertenkommission vorgeschlagen umgesetzt, fände auch die Pflegeausbildung an den freigemeinnützigen Häusern kaum noch statt. Das sei ein herber Rückschlag für die Menschen im ländlichen Raum. Die Reduzierung von Ausbildungsangeboten habe Auswirkungen auf die ambulante und stationäre Altenpflege und konterkariere die erst vor wenigen Jahren eingeführte generalistische Pflegeausbildung.

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Der Sozialverband VdK NRW bemängelt, dass die Reformen bisher ohne Patientenbeteiligung „hinter verschlossenen Türen“ diskutiert werde. Und der Landkreistag (LKT) NRW sieht zwar die Notwendigkeit für eine Krankenhausreform, sie dürfe aber nicht zu Versorgungslücken führen. „Den Menschen im kreisangehörigen Raum muss auch in Zukunft ein gutes und gut erreichbares Krankenhausangebot zur Verfügung stehen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des LKT NRW, Dr. Martin Klein. Er forderte, dass die Krankenhausplanung Ländersache bleiben müsse.

Unterstützung für Pläne des Landes

Daher unterstütze der Landkreistag auch das Vorgehen der Landesregierung bei der Krankenhausplanung in NRW. Auch bei der von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann angestoßenen Reform könnten die Wege in die Klinik unter Umständen länger werden. Dennoch sollen mehr wohnortnahe Kliniken zur Grundversorgung erhalten bleiben, so ein Sprecher der Krankenhausgesellschaft NRW gegenüber dem WESTFALENSPIEGEL. Diese könne durch die bisherigen Pläne auf Bundesebene nicht gewährleistet werden.

Die nun vorgelegte Auswirkunganalyse zu den Lauterbach-Plänen zeigt laut der Krankenhausgesellschaft NRW, dass der überwiegende Teil der 337 Krankenhäuser im Land bei konsequenter Anwendung des Reformkonzepts von elementaren Teilen der Versorgung ausgeschlossen würde. Wichtige medizinische Leistungen müssten auf nur noch 36 Krankenhäuser im Rheinland und in Westfalen-Lippe konzentriert werden.

jüb/wsp

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