Die Herde der Wisente im Rothaargebirge ist auf 25 Tiere angewachsen. Foto: Wisent-Trägerverein
29.09.2022

Kreis will Wisent-Projekt beenden

Das Projekt „Wisente am Rothaarsteig“ steht vor dem Aus. Nach dem Willen des Kreises Siegen-Wittgenstein soll es beendet werden. 

Als Grund führte der Kreis an, dass der Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein e.V. die erforderlichen Rahmenbedingungen für eine Weiterführung nicht schaffen könne. Ebenso sei es nicht möglich, in der Region einen Konsens für die Weiterführung des Projekts zu erzielen.

Deutschlands einzige frei lebende Wisentherde hatte in der Vergangenheit immer wieder für Streit gesorgt. Einige Streitigkeiten landeten vor Gericht. So hatten Waldbauern aus dem Sauerland geklagt, weil die Herde ihre Bäume beschädigt hatte. Daraufhin hatten Gerichte geurteilt, dass der Verein geeignete Maßnahmen umzusetzen habe, mit denen das Entstehen von Schäden an den Baumbeständen der klagenden Waldbauern verhindert wird.

Tiere sind jetzt herrenlos

Der Wisent-Trägerverein schuf dagegen Tatsachen: Er teilte am Donnerstag (29.09.) mit, dass er den „Öffentlich-rechtlichen Vertrag für die Freisetzungsphase ,Wisente im Rothaargebirge‘“ gekündigt habe. Zudem gab er das Eigentum an den frei lebenden Tieren auf, was zur Folge hat, dass die Wisente nun herrenlos sind. „Sie unterliegen jetzt dem strengen Artenschutzrecht und fallen in die Zuständigkeit des Landes NRW“, so der Verein.

Laut Trägerverein müssten nun auch die Waldbauern im Sauerland die Anwesenheit der großen Huftiere wieder dulden. Mit diesen Schritten wolle der Verein das Artenschutzprojekt retten und den Wisenten im Rothaargebirge eine Zukunft in Freiheit geben. Damit sieht der Wisent-Verein das Wiederansiedlungs-Projekt zugleich als abgeschlossen und seine diesbezügliche Aufgabe als beendet an. Das Besucherareal „Wisent-Wildnis am Rothaarsteig“ ist davon nicht betroffen, es hat weiter wie gewohnt geöffnet, heißt es.

Land kündigt Klärung an

Sowohl Kreis als auch Wisent-Verein bedauern die Entscheidung zur Beendigung des Wisentprojekts. Die Schuld für das Scheitern sehen sie auf der jeweils anderen Seite. So argumentiert der Kreis, dass es dem Verein als Projektträger nicht gelungen sei, die für eine Fortführung des Projektes notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Der Verein schreibt: Nach den Gerichtsurteilen wäre eine schnelle und konstruktive Zusammenarbeit der Vertragspartner dringend erforderlich gewesen, um das Projekt zu retten. Dieser politische Wille sei in den vergangenen Sitzungen bei den Vertragspartnern jedoch nicht erkennbar gewesen.

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Wie es nun weitergeht und was mit der auf inzwischen 25 Tiere angewachsenen Wisentherde geschieht, die im Rothaargebirge durch die Wälder zieht, ist offen. Vom NRW-Umweltministerium hieß es gegenüber dem WESTFALENSPIEGEL in einer Stellungnahme zunächst nur: „Das Ministerium bedauert die jüngste Entwicklung rund um das Wisentprojekt. Der Bund, das Land und der Kreis Siegen-Wittgenstein haben das Wisentprojekt langjährig wohlwollend begleitet und auch finanziell unterstützt. Der angekündigte Schritt seitens des Trägervereins wirft vertragsrechtliche, artenschutzrechtliche und finanzielle Fragen auf, die es jetzt zu klären gilt.“

Das Wisent-Projekt ist vor mehr als zehn Jahren auf Initiative von Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ins Leben gerufen worden. Wegen seiner Einzigartigkeit hatte es über Deutschland hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt.

jüb/wsp

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