„Wir dürfen die Lockerungen nicht überstrapazieren“
„Click and Meet“ heißt das Zauberwort für den Einzelhandel in zahlreichen Städten Westfalens: Händler dürfen ihre Läden wieder öffnen, ihre Kunden müssen sich vor dem Einkauf jedoch registrieren. Tobias Viehoff ist Vorstandssprecher der Initiative starke Innenstadt in Münster und betreibt dort mehrere Modegeschäfte. Im Interview spricht er über die ersten Erfahrungen nach dem Lockdown.
Herr Viehoff, seit Montag sind Ihre Läden wieder geöffnet. Wie fällt Ihre Bilanz der ersten Tage aus?
Recht positiv! Gleich nachdem die Lockerungen angekündigt wurden, haben unsere Kunden Termine für Besuche in den Geschäften gebucht. Die Leute freuen sich sehr darüber, wieder vor Ort einkaufen zu können. Sie sind sehr diszipliniert und auch bereit, vor dem Geschäft zu warten. Und: Sie freuen sich über die Frühjahrsmode und wollen kaufen.
Wie funktioniert Click and Meet im Alltag?
Das System funktioniert, auch wenn sich manches noch einspielen muss. Einige Leute buchen ganz selbstverständlich online einen Termin für einen Besuch im Laden, andere erkundigen sich erst einmal telefonisch und wieder andere schlendern durch die Stadt und fragen spontan an der Tür nach, ob sie reinkommen können. Einige tun sich noch schwer damit, ein Formular auszufüllen, auch wenn sie sich eigentlich nur inspirieren lassen wollen und vielleicht noch keine konkrete Kaufabsicht haben – auch wenn sie uns herzlich willkommen sind.
Wie groß ist der Aufwand für Sie und Ihre Mitarbeiter?
Wir freuen uns zunächst einmal, dass wir unsere Ware präsentieren dürfen. Was wir daran verdienen, werden wir in vier oder sechs Wochen sehen. Denn natürlich haben wir einen höheren Aufwand für die Kundenregistrierung. Ein Verkäufer oder eine Verkäuferin steht ständig am Empfang an der Tür, anders ist das nicht möglich. Hier müssen wir schon investieren.
Also doch lieber auf Click and Meet verzichten?
Als Kaufleute würden wir unsere Läden selbstverständlich gern ohne Beschränkungen öffnen. Dennoch bin ich überzeugt, dass mehr Freiheit im Einzelhandel nur durch mehr Sicherheit möglich sein wird. Wir hoffen daher, dass es durch eine flächendeckende Kontaktverfolgung bald mehr Spielraum für Lockerungen geben wird.
Was erwarten Sie für die nächsten Wochen?
Ich bin vorsichtig optimistisch. Bei aller Freude über die Öffnungen appelliere ich an Händler wie auch an Kunden, weiterhin diszipliniert zu sein. Für den Einzelhandel wäre es das schlimmste, bald wieder schließen zu müssen. Wir dürfen die Lockerungen nicht überstrapazieren. Es kann beispielsweise nicht sinnvoll sein, wenn Menschen aus dem ganzen Land nun zum Einkaufen nach Münster kommen. Daher wäre es für uns wichtig, mehr Klarheit über die Infektionslage zu erhalten, um frühzeitig reagieren zu können. In Münster, aber auch in Rostock und Tübingen, wird daher eine Art Ampel geplant, die mehrere Faktoren der Infektionslage berücksichtigt. Das Ziel ist es, eine differenzierte Einschätzung zu erhalten, um dann guten Gewissens lockern zu können. Das wäre eine gute Perspektive.
Interview: Annette Kiehl, wsp