Die Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid. Foto: Stadt Lüdenscheid
05.05.2023

„Wir wollen den Aufbruch“

Am Sonntag wird die marode Rahmedetalbrücke gesprengt. Seit Dezember ist die A45-Brücke gesperrt, so dass sich seitdem LKW auf Umleitungsstrecken durch Lüdenscheid quälen. Im Interview spricht der Lüdenscheider Bürgermeister Sebastian Wagemeyer über das Fest zur Sprengung, Hilfe für Anwohner und die Frage, wann der Neubau kommt.

Herr Wagemeyer, am Sonntag wird die Rahmedetalbrücke gesprengt. Wo werden Sie dann sein?
Ich werde die Sprengung beim Public Viewing am Bahnhof mitverfolgen. Dort wird die WDR-Liveübertragung der Sprengung zu sehen sein und wir wollen den Meilenstein auch feiern. Ich werde an dem Tag aber auch einige Fernsehinterviews geben, denn das Interesse an der Sprengung ist sehr groß.

Die Rahmedetalbrücke ist eine Art Wahrzeichen von Stadt und Region. Werden einige Menschen das Bauwerk vermissen?
Viele Menschen hier haben Erinnerungen an die Brücke, einige waren sogar beim Bau und der Eröffnung 1968 mit dabei. Mit der Sprengung geht also auch ein Stück Geschichte. Die Sperrung im Dezember 2021 mit den dramatischen Auswirkungen hat jedoch nicht unbedingt dazu beitragen, dass nun große Trauer herrscht. Im Mittelpunkt steht jetzt das Ziel, dass möglichst schnell wieder eine Brücke steht, die den Verkehr trägt.

Wann wird das denn voraussichtlich sein?
Das Ziel der verantwortlichen Autobahn GmbH lautet „fünf Jahre minus x“. Im Sommer wird die Entscheidung fallen, welches Unternehmen den Auftrag für den Brückenneubau erhält. Darin wird vereinbart sein, dass der erste befahrbare Teil der Brücke bis 2026 stehen soll. Damit wäre das Ziel erreicht und es darf gern auch noch etwas schneller gehen.

Zahlreiche Anwohner in Lüdenscheid leiden unter dem Umleitungsverkehr. Wird es für sie schon vorher eine Entlastung geben?
Es wird im Juni, wenn die Straße, die unter der Brücke herführt, nach der Beseitigung der Brückentrümmer wieder geöffnet ist, ein Durchfahrtsverbot für Transit-LKW in der Stadt geben. Das bedeutet, dass Schwerlastverkehr, der nicht aus der Region kommt, diese weiträumig umfahren muss, zum Beispiel über Köln oder Kassel. Wir hoffen, dass das eine spürbare Entlastung für Anwohner und auch die heimische Wirtschaft bringt, die mir ihren LKW ebenfalls im Stau steht.

Der neue Bürgerbeauftragte Sebastian Wagemeyer. Foto: Steffen Schulte-Lippern

Der neue Bürgerbeauftragte Sebastian Wagemeyer. Foto: Steffen Schulte-Lippern

Am Sonntag wird Bundesverkehrsminister Volker Wissing die Brückensprengung vor Ort mitverfolgen. Erhalten Sie auch ansonsten genügend Unterstützung vom Bund?
Als Mitglied im Lenkungskreis zum Brückenneubau erlebe ich unmittelbar, dass beim Bund, aber auch bei anderen Beteiligten ein enormer Druck bei diesem Thema herrscht. Die Autobahn GmbH hat innerhalb eines Jahres das Baurecht für die Brücke erwirkt; das ist sehr schnell. Von Seiten der Autobahn GmbH und auch des Bundesverkehrsministeriums wird alles getan, was unter den derzeitigen Rahmenbedingungen möglich ist.

Gibt es auch Themen, wo Sie sich mehr Unterstützung wünschen?
Die gibt es sicherlich, wie zum Beispiel das Durchfahrtsverbot für LKW. Viel wichtiger ist mir aber, dass wir nun mit der Brückensprengung in einen Aufbruch kommen und die Perspektive auf die Zukunft richten. Mir geht es darum, wie wir Stadt und Region in dieser belastenden Situation zukunftssicher aufstellen können. Bildungsprojekte sind dabei ein wichtiges Thema, aber auch die Mobilitätswende. Also die Frage, wie wir die kaputt gefahrenen Umleitungsstrecken so neu bauen können, dass Radfahrer dort in Zukunft besser und sicherer unterwegs sein können. Auch innovative ÖPNV-Konzepte könnten hier in einer Art Blaupause ausprobiert werden. Das erscheint mir für ein Ministerium, das sich mit Verkehr und der Digitalisierung beschäftigt, doch ein spannendes Spielfeld zu sein. Das alles kann die Stadt aber nicht allein finanzieren, hier brauchen wir Unterstützung.

In dieser Woche ist der Untersuchungsausschuss zur Rahmedetalbrücke im NRW-Landtag gestartet. Ein wichtiger Termin für Sie?
Der Untersuchungsausschuss interessiert sicherlich viele Menschen in Lüdenscheid und auch mich. Die Frage nach Schuldigen treibt mich jedoch weniger um. Viel wichtiger ist es nun, herauszufinden, an welchen Stellen falsche Entscheidungen in Sachen Brückeninstandhaltung getroffen wurden, die schließlich zu diesem Desaster geführt haben. Vor allem sollte es darum gehen, was wir daraus lernen können – damit anderen Kommunen das Schicksal erspart bleibt, das Lüdenscheid erleiden muss.

Interview: Annette Kiehl, wsp

Am Sonntag, 7. Mai, überträgt der WDR die Sprengung der Rahmedetalbrücke live von 11.25 bis 12.10 im Fernsehen. Den ganzen Tag über findet auf dem Bahnhofsgelände in Lüdenscheid ein Fest mit „Public Viewing“ statt. Rund um die Brücke ist das Gelände aus Sicherheitsgründen abgesperrt.

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