Anpacken für das Stadtmuseum: Ehrenamtler haben das Coesfelder „Tor“ gerettet
Coesfeld (wh). In Coesfeld haben Bürger ihre Geschichte selbst in die Hand genommen. Bei der Neugestaltung des Stadtmuseums "Das Tor" haben ehrenamtliche Mitarbeiter wesentlich mitgewirkt. Nun werden die ersten Ausstellungsräume eröffnet.
"Völlig überaltert und nicht mehr zeitgemäß" sei das 1987 eröffnete Stadtmuseum zuletzt gewesen, berichtet Dr. Mechthilde Boland-Theißen, Fachbereichsleiterin für Kultur der Stadt Coesfeld. "Heute muss ein Museum eine Art Tor zur Geschichte sein. Es muss den Besucher schnell informieren, aber auch sinnlich anregen und Möglichkeiten bieten, tiefer in die Themen einzutauchen." In Coesfeld soll das zunächst mit zwei Räumen zum Thema jüdisches Leben und Nationalsozialismus geschehen. Außerdem steht Besuchern ein Forscherlabor zur Stadtgeschichte offen. Solche Schwerpunkte und Angebote in einem Stadtmuseum seien etwas Besonderes, sagt die Expertin für städtische Kulturarbeit.
Knapp 220.000 Euro kostete der erste Teil der Renovierung und Neukonzeption des seit 2006 leer stehenden Hauses. Ermöglicht wurde die Investition vor allem durch Spenden und Stiftungsgelder sowie durch die Unterstützung der Coesfelder Bürger; der finanzielle Anteil der Stadt beträgt nur 22.000 Euro. So leitet der Geschichtslehrer Georg Veit ehrenamtlich eine Projektgruppe aus ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern, die sich zum Beispiel mit historischen Recherchen, der Auswahl von Ausstellungsstücken und der Redaktion von Texten beschäftigt. Malerarbeiten in dem historischen Walkenbrückentor wurden von Auszubildenden der Kreishandwerkerschaft ausgeführt, und eine Künstlergruppe baute Figuren für die Ausstellung. "Das hohe Niveau, das wir angestrebt haben, konnten wir in Zeiten knapper Kassen nur erreichen, indem wir die Kräfte bündeln", fasst Dr. Mechthilde Boland-Theißen zusammen.
Dr. Helmut Knirim, Leiter des Museumsamtes des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), sieht in dem Coesfelder Engagement eine Rückbesinnung auf die Tradition der Museen. "Viele Häuser entstanden im 19. Jahrhundert aus bürgerschaftlichem Engagement und wurden von Ehrenamtlern geleitet, bevor es in den 1970er und 1980er Jahren eine Welle von Museumsübernahmen durch die Kommunen gab. Manche Städte haben sich damit aber übernommen und nun Schwierigkeiten, diese Aufgabe zu finanzieren", schildert er die Entwicklung. Heute würden ehrenamtliche Mitarbeiter häufig die Lücken im Personalbereich der Häuser ausgleichen.
Dr. Edeltraut Klueting, Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbundes, der Dachorganisation von über 530 westfälischen Heimatvereinen, verweist auf die enge Verknüpfung von Ehrenamt und Museumskultur. "Viele kleine Museen werden ohnehin von Vereinen getragen und geführt. Das sind hochmotivierte Leute, die ein großes Interesse für die Sammlung mitbringen."
Allein die Begeisterung reicht jedoch nicht aus, um ein Museum kontinuierlich zu führen, sagen die Experten. So fördert der Westfälische Heimatbund die Arbeit der Vereine unter anderem durch Schulungen zu Themen wie Archivierung oder Führungen. Das LWL-Museumsamt unterstützt die freiwillige Arbeit zum Beispiel durch ein Handbuch, in dem Grundlagen der Sammlungskonzeption, aber auch versicherungsrechtliche Fragen behandelt werden.
Wie die Verbindung von ehren- und hauptamtlicher Arbeit in einem Stadtmuseum gelingt, lässt sich nun ganz unmittelbar in Coesfeld verfolgen. Am Sonntag, 29. Januar 2012, wird von 14 bis 17 Uhr die Eröffnung der neuen Räume gefeiert.
Achtung Redaktionen: Pressefotos zu dieser Meldung finden Sie im Downloadbereich unserer Website.