Der Carina-Nebel, aufgenommen mit dem neuen James-Webb-Teleskop. Foto: NASA, ESA, CSA, STScI
14.07.2022

Blick in die Vergangenheit

Die ersten Bilder, die das James-Webb-Teleskop vom Universum aufgenommen hat, wurden kürzlich veröffentlicht. Was zeigen die Bilder? Und warum sind so besonders? Fragen an den Astrophysiker Dr. Tobias Jogler vom Planetarium im LWL-Museum für Naturkunde in Münster.

Herr Jogler war die Veröffentlichung der ersten Bilder des James-Webb-Teleskops für Sie ein Feiertag?
Auf jeden Fall. Man hat ja wirklich ganz, ganz lange auf diese Bilder gewartet. Jetzt sind sie endlich da.

Was macht die Bilder zu etwas Besonderem?
Zunächst muss man wissen, dass diese Bilder mit fast zehnjähriger Verspätung kommen. Denn eigentlich sollte das Teleskop schon viel eher an seinem Platz sein. Doch es hat viele technische Schwierigkeiten bis zu seiner Fertigstellung gegeben. Immerhin hat es einen Spiegeldurchmesser von fast sechseinhalb Metern und ist damit so groß wie kein anderes Teleskop zuvor. Das ist auch der Grund, warum es uns einen besonderen Einblick in das Universum bieten wird. Die Bilder, die jetzt veröffentlicht wurden, zeigen uns, wie gut dieses Teleskop wirklich funktioniert.

Was ist auf den Bildern zu sehen?
Zum einen sieht man weit entfernte Galaxien. Es ist der tiefste Blick des Menschen ins Universum bisher. Wir sehen damit auch am weitesten zurück in die Vergangenheit. Wir sehen Galaxien kurz nach dem Urknall. Und das mit einer enorm guten Auflösung. So tief konnte das bis dahin stärkste Teleskop, Hubble, nicht blicken. Wissenschaftler haben die Hoffnung, dass das James-Webb-Teleskop zukünftig zu den allerersten Galaxien und vielleicht sogar Sternen blicken wird.

Dr. Tobias Jogler, Foto: LWL/Steinweg

Dr. Tobias Jogler, Foto: LWL/Steinweg

Warum kann das Teleskop in die Vergangenheit blicken?
Auf der Erde geht das natürlich nicht. Im Weltall aber schon: Die ersten Galaxien, die auf den Bildern des neuen Teleskops zu sehen sind, sind 13,1 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Das heißt: Das Licht hat 13,1 Milliarden Jahre gebraucht, um uns von dort zu erreichen. Damit sehe ich die Galaxie nicht, wie sie heute aussieht, sondern wie sie zu diesem Zeitpunkt aussah, als das Licht ausgestrahlt wurde. Deshalb schaue ich immer, wenn ich weit in die Ferne schaue, auch in die Vergangenheit.

Was erhofft man sich noch von diesem Teleskop?
Natürlich will man noch mehr Galaxien entdecken. Und diese möchte man zu verschiedenen Zeiten ablichten. Daraus kann man dann ableiten, ob die Ideen stimmen, die wir davon haben, wie sich Galaxien formen. Wir wollen also mit den Bildern verstehen, wie unser Universum entstanden ist und wie es sich entwickeln wird.

Ein Bild zeigt den Sternennebel Carina, können Sie das erklären?
Hier sind zunächst dunkle Staubwolken zu sehen. Der Staub verdichtet sich, irgendwann wird es heiß in diesem Staubklumpen und er beginnt zu leuchten. Ein neuer Stern ist geboren. Neben dem Staub sieht man auch viele kleine helle Punkte, das sind gerade entstandene Sterne. Wir sehen also auf einem Bild, wie Sterne entstehen.

Kann das Teleskop auch Planeten entdecken, auf denen Leben möglich wäre?
Ja, darauf hofft man auch. Denn das Teleskop ist in der Lage, andere Sterne und Planeten zu untersuchen, ob es dort Wasserdampf und andere Elemente in der Atmosphäre gibt. Es gibt aber noch viele weitere Fragestellungen, die die Astronomen haben. Da braucht es Geduld. Denn das Teleskop wird ja immer weitere Bilder liefern, die dann nach und nach ausgewertet werden müssen. Die Bilder, die jetzt vorgestellt wurden, sind erst mal nur ein erster Vorgeschmack. Sie zeigen den Forschern: Damit könnt ihr rechnen, das kann das neue Teleskop.

Interview: Jürgen Bröker, wsp

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