Die Kommunen bereiten den Zensus vor. Foto: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2022
13.05.2022

„Der Zensus ist unverzichtbar“

Es ist das größte statistische Projekt des Jahres: Bei der Haushaltsbefragung im Rahmen des Zensus 2022 werden in Westfalen ab dem 15. Mai rund 700.000 Menschen interviewt. 

Weitere zwei Millionen Westfalen sind aufgefordert, bei der Gebäude- und Wohnungszählung mitzumachen, teilt IT.NRW auf Anfrage des WESTFALENSPIEGEL mit. Der Zensus, der pandemiebedingt von 2021 auf 2022 verschoben wurde, wird von der Europäischen Union (EU) vorgeschrieben. Alle zehn Jahre sollen die Mitgliedsstaaten der EU, ihre Daten zur Einwohnerzahl und dazu, wie die Bürger wohnen und arbeiten, aktualisieren.

Begleitet wird der Zensus von Bedenken zum Datenschutz. Allerdings ist die Befragung „alternativlos“, sagt Dr. Marko Heyse vom Institut für Soziologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster: „Auch wenn sich zahlreiche Menschen fragen, warum will der Staat so viel wissen: Der Zensus ist unverzichtbar. Nur auf Basis einer guten Datenlage können wichtige Entscheidungen für die Zukunft getroffen werden.“

Entscheidungshilfe für Kommunen

Die Ergebnisse der Stichprobenbefragung – in NRW immerhin rund 1,5 Millionen zufällig ausgewählte Menschen –  liefern wichtige In­formationen und Planungs­grundlagen für Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Auch die Verwaltung in den Kommunen profitiert. „Die Städte nutzen die Daten etwa, um einen Überblick über die Gebäude- und Wohnsituation zu erhalten. Die Daten sind eine wichtige Entscheidungshilfe, ob wir mehr bauen müssen und wenn ja, in welchen Stadtteilen Wohnungen benötigt werden“, sagt Dr. Jan Siebert, Zensus-Erhebungsstellenleiter in Dortmund. Auch die Frage, wo in Zukunft weitere Bildungseinrichtungen wie Kindergärten oder Schulen benötigt werden, kann mit Hilfe der Daten besser beantwortet werden.

Allein in Dortmund werden rund 40.000 zufällig ausgewählte Menschen befragt. Dazu werden ab Mitte Mai etwa 280 sogenannte Erhebungsbeauftragte von Tür zu Tür gehen und Interviews führen. In dem Fragebogen, den sie dabei haben, sind 40 Fragen aufgelistet. „Besonders spannend ist dabei die Frage nach diversen Menschen. Diese Frage wird nämlich in diesem Jahr beim Zensus zum ersten Mal gestellt“, sagt Soziologe Heyse. Nach der Religionszugehörigkeit wird dagegen nicht mehr gefragt. Verweigern können die ausgewählten Bürger die Antworten übrigens nicht. Es gibt eine Auskunftspflicht.

Mit Daten gegen Ungenauigkeiten

Der Zensus ist auch deshalb so wichtig, weil Ungenauigkeiten im Melderegister der Städte abgeglichen werden können. So waren 2011 im Melderegister der Stadt Dortmund 576.955 Einwohner registriert, laut Zensus zählte die Stadt aber 571.143 Einwohner und damit rund 5800 weniger, erklärt Siebert. Das ist aber kein Dortmunder Problem. In vielen Städten gebe es diese Ungenauigkeiten, so Heyse. „Bei zahlreichen Städten melden sich die Menschen nicht ab, wenn sie wegziehen. Dies gilt etwa für Deutsche, die ins Ausland ziehen, Auslandsstudenten oder Arbeitskräfte, die nur temporär in Deutschland arbeiten. Für sie gibt es ja keinen Nutzen und keinen Schaden, wenn sie sich nicht abmelden. Es verfälscht aber die Statistik.“

Bis die Städte ihre Statistiken aktualisieren könne, müssen sie sich allerdings gedulden: Die Veröffentlichung der Ergebnisse ist für das vierte Quartal 2023 vorgesehen.

Jürgen Bröker/wsp

Für alle Auskunftspflichtigen sowie alle Bürgerinnen und Bürger mit Fragen zum Zensus gibt es eine Service-Hotline, die unter der Telefonnummer 0211 82 83 83 83 montags bis freitags von 7:00 bis 21:00 Uhr sowie samstags von 9:00 bis 16:00 Uhr erreichbar ist. Das Statistische Landesamt hat zudem Informationen auf einer Internetseite zusammengestellt. Diese finden Sie hier.

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