„Immense Chancen“
Dr. Rainhild Schäfers ist die erste Professorin an der Universität Münster für Hebammenwissenschaft. Im Herbst 2022 ist der neue Studiengang gestartet, vor kurzem hat Schäfers die Leitung übernommen.
Bereits seit 2020 ist das Studium für angehende Hebammen Pflicht; in Westfalen werden angehende Geburtshelferinnen und Geburtshelfer an der FH Bielefeld und an der Hochschule für Gesundheit in Bochum sowie nun auch an der Universität Münster ausgebildet. Schäfers war bereits seit 2011 Professorin für Hebammenwissenschaft in Bochum, wo schon vor einigen Jahren ein Modellstudiengang aufgebaut wurde. Die Wissenschaftlerin, die rund 20 Jahre selbst im Kreißsaal gearbeitet hat, sieht „immense Chancen“ in der Akademisierung der Hebammenausbildung. „Durch die Akademisierung lernt man, das eigene Fach wissenschaftlich zu systematisieren – also Studien zu lesen und auszuwerten, evidenzbasiert zu arbeiten“, berichtet Schäfers in einer Mitteilung der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Gerade im Beruf der Hebamme, der von Erfahrung Tradition getragen werde, sei die die Frage wichtig: „Was gehört in Lehrbücher, was ist eher ‚anekdotisch‘?“
„Wie geht es Müttern mit der Versorgung?“
Ein Forschungsschwerpunkt der neuen Professorin sind die sogenannten „patient-reported outcome measures“, also die Frage, wie Patienten selbst ihren Gesundheitszustand nach einer Behandlung einschätzen. Schäfers erklärt: „Viele bewerten den ‚Erfolg‘ von Geburtshilfe daran, ob ein gesundes, rosiges Kind zur Welt gekommen ist – als Wissenschaftlerin will ich aber auch wissen, wie es der Mutter mit der Versorgung ergeht, wie sie diese wahrgenommen hat und wie sich die Geburtshilfe daran ausrichten lässt.“ Ob der Wechsel von der schulischen hin zur akademischen Ausbildung auch Probleme mit sich bringt? Rainhild Schäfers sieht hier keine Nachteile, spricht aber von Herausforderungen: „In der Praxis wird die junge, studierte Hebamme auf andere Hebammen mit einem sehr breiten Erfahrungsschatz stoßen. Dass diese unterschiedlichen ‚Herkünfte‘ harmonieren und dass von der Zusammenarbeit beide Seiten profitieren können, gilt es zu vermitteln.“
Lesen Sie mehr zu „Hebammen im Hörsaal“ im WESTFALENSPIEGEL 06/2022 und hier.