Lügendetektor im Netz
Ob es um Corona, den Ukraine-Krieg oder auch den Wahlkampf geht: Gezielte Falschinformationen sind zu einem gefährlichen Werkzeug geworden. Ein Team aus Wissenschaftlern und Journalisten entwickelt im Forschungsprojekt „noFake“ neue Strategien gegen die sogenannten „Fake News“.
Mit Schwarmintelligenz von Bürgern und künstlicher Intelligenz sollen manipulative Falschinformationen besser und schneller bekämpft werden. Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt mit 1,33 Millionen Euro. Beteiligt sind verschiedene Fachrichtungen, darunter Prof. Dr. Dorothea Kolossa von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik an der Ruhr-Universität Bochum und der Medienrechtler Prof. Dr. Tobias Gostomzyk vom Institut für Journalistik an der TU Dortmund.
Die praktische Umsetzung von „noFake“ liegt am Recherchezentrum Correctiv mit Sitz in Essen. Das „Faktencheck“-Team dort geht seit 2017 gezielten Desinformationen nach, unter anderem im Auftrag von Facebook. Im Mittelpunkt der Recherchearbeit stehen manipulative Nachrichten, die in sozialen Medien oder auch bei Messengerdiensten wie WhatsApp kursieren. Diese werden im Correctiv.Faktencheck auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Die Ergebnisse veröffentlicht das Recherchezentrum unter https://correctiv.org/faktencheck/.
Falschinformationen gehen „viral“
„Häufig geht es um brisante und polarisierende Themen, die angstbesetzt sind. Die Corona-Pandemie und der Klimawandel zählen dazu“, erklärt Projektleiterin Caroline Lindekamp. Kennzeichnend ist in vielen Fällen, dass der Urheber kaum zu erkennen ist. Wer Falschinformationen weiterverbreitet, tut dies häufig ohne böse Absichten. Die Folgen können aber dramatisch sein, berichtet die Journalistin: „Wenn Desinformationskampagnen beispielsweise die Impfskepsis steigern, kann das schwerwiegende Folgen für die Gesundheit einzelner Menschen und für die Gesellschaft insgesamt haben. In der Pandemie erleben wir das.“
In Krisenzeiten haben Kampagnen mit gezielten Falschinformationen Hochkonjunktur, beobachtet Correctiv-Publisher David Schraven. „Beim Correctiv-Faktencheck erleben wir das Problem von Desinformation hautnah – ganz aktuell zum Krieg in der Ukraine“, berichtet der Journalist. „Gleichzeitig erreichen uns immer mehr Zuschriften. Das zeigt uns: Viele Menschen möchten etwas gegen Desinformationen tun. Damit das klappt, werden wir KI-basierte Assistenzsysteme entwickeln und einsetzen, die Menschen helfen, eigenständig Faktenchecks durchzuführen. Wir bauen so eine Faktencheck-Community auf, die Engagement mit professionellen Standards verbindet.“
„Crowdworker“ recherchieren lokal
Ziel des „noFake“-Projektes ist zum einen der Aufbau eines Netzwerks von Bürgern, die in Schulungen zu Faktenprüfern ausgebildet werden, um in verschiedenen Orten bundesweit aktiv zu werden. „Die sogenannten Crowdworker könnten auf unserer Plattform Correctiv.Faktenforum auch Nachrichten zu lokalen Themen aus ihrer Region überprüfen, deren Wahrheitsgehalt sie anzweifeln“, sagt Caroline Lindekamp. Maschinelle Lernverfahren und künstliche Intelligenz sollen den Kampf gegen sogenannte „Fake News“ unterstützen. „Ein Algorithmus könnte dann beispielsweise Hinweise geben, dass es bereits einen Faktencheck zu einem verwandten Thema gibt oder auch Recherchequellen vorschlagen“, so die Journalistin.
Das Recherchezentrum Correctiv sucht Bürgerinnen und Bürger, die sich als Crowdworker gegen Falschnachrichten und Hetze im Netz engagieren wollen. In einer Online-Akademie lernen sie Recherchetechniken und erhalten Tipps für Interviews. Weitere Informationen zur Community und Teilnahmemöglichkeiten gibt es hier.
Annette Kiehl, wsp