07.11.2023

Römische Mini-Tempel entdeckt

Spektakulärer Fund: Auf dem Gelände des ehemaligen Römerlagers in Haltern am See haben Archäologen Fundamentreste von zwei römischen Tempelanlagen entdeckt. 

Neben den beiden kleinen Tempeln fanden die Wissenschaftler des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) außerdem die Überreste einer Opfergrube. Der Fund gilt als außergewöhnlich. Bisher konnten derartige Kultbauten noch nicht in römischen Militärlagern nachgewiesen werden, so der LWL. „Bei Römern in Westfalen denkt man als erstes an aufwendige Logistik, große Militäranlagen und glänzende Ausrüstung. Die Glaubensvorstellungen der Römer spielten bei unserer Arbeit bislang eine untergeordnete Rolle. In den kommenden Monaten soll daher der Frage nachgegangen werden, welches Rätsel hinter diesem einmaligen Befund in der Germanikusstraße steckt“, sagt LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger.

Mini-Tempel aus einfachem Material

Die beiden jetzt entdeckten Kultbauten waren aus einfachem Material, sie bestanden aus  Lehmfachwerk. „Sie hatten aber die typischen großen, aus Stein errichteten Podiumstempel zum Vorbild, die zur Zeit des Kaisers Augustus in zahlreichen römischen Städten zu finden waren“, erklärt LWL-Römerexpertin Dr. Bettina Tremmel. Bisher wurde der Grundriss des westlichen Kultbaus nahezu vollständig aufgedeckt. Daraus lässt sich ableiten, dass das rechteckige, 30 Quadratmeter große Holzgebäude einen fünf Meter breiten Zugang an der Vorderseite besaß, so der LWL. Die Gebäudefront wurde durch zwei seitlich stehende Holzsäulen architektonisch hervorgehoben.

In der Grabungsfläche im Halterner Hauptlager sind die Fundamente der Kultbauten noch als schwache Bodenverfärbungen erkennbar. LWL/C. Hentzelt

In der Grabungsfläche im Halterner Hauptlager sind die Fundamente der Kultbauten noch als schwache Bodenverfärbungen erkennbar. LWL/C. Hentzelt

Schon 1928 deckte der damalige westfälische Chefarchäologe Prof. Dr. August Stieren den 2000 Quadratmeter großen Baukomplex auf, auf dem sich auch die beiden jetzt entdeckten Tempelanlagen befinden, heißt es weiter. Weil ihm sowohl Geld auch Zeit fehlten, beließ Stieren viele Baubefunde im Boden. Aus heutiger Sicht sei das ein Glücksfall, sagt Tremmel. Allerdings seien die archäologischen Strukturen durch zahlreiche Bodeneingriffe im Laufe der vergangenen 80 Jahre massiv gestört worden. Daher sei es äußerst schwierig gewesen, die römischen Verfärbungen zwischen den Störungen aufzufinden, so Tremmel. Unterstützung erhielten die LWL-Archäologen bei der genauen Erfassung von Pfostengräben und Pfostenspuren von Archäologiestudierenden der Universität Trier unter der Leitung von Dr. Stephan Berke.

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