12.04.2012

Strukturwandel: Westfalen rückt ans Wasser

Westfalen (wh). Mit der offiziellen Freigabe des Phoenixsees feierte Dortmund vor kurzem einen lange erwarteten Tag in der Stadtgeschichte. Sieben Jahre wurde im Stadtteil Hörde gebaggert, gebaut und geflutet, um das Gelände des ehemaligen Stahlwerks Phoenix-Ost zu einer begehrten Adresse für das Wohnen, Arbeiten und Leben mit Seeblick zu verwandeln – und in ein Symbol für den erfolgreichen Strukturwandel.
Urbane Wasserlagen liegen im Trend: Mehr als ein Dutzend solcher Projekte sind in den vergangenen Jahren in Westfalen entstanden oder befinden sich in der Planung. Die Bandbreite reicht von kleineren Projekten wie etwa dem "Ennepe Bogen" in Gevelsberg bis zur "Wasserstadt Emscher Lippe", die auf einer Fläche von rund 45 Hektar am Dortmund-Ems-Kanals in Datteln realisiert werden soll.
"Die Nachfrage nach solchen Quartieren ist zur Zeit ungemein stark", sagt die Architektin und Stadtplanerin Prof. Christa Reicher von der Technischen Universität in Dortmund. "Es gibt viele Menschen, die sich vom Wasser angezogen fühlen " nicht nur in Hamburg mit der Hafencity."
Dass diese Einschätzung nicht immer gilt, zeigte sich vor einigen Jahren in Hamm. Dort stimmten die Bürger 2006 gegen den Bau eines Stadtsees. Es gab starke Zweifel an der Finanzierung und der versprochenen positiven Wirkung des "Lippesees" für die Innenstadt. Christa Reicher bezweifelt allerdings, dass in diesem Fall das Abstimmungsergebnis den Bürgerwillen repräsentierte: "In Hamm war man sich zu sicher, dass der See kommt. Deshalb sind die Befürworter gar nicht erst zur Wahl gegangen." Darüber hinaus, so Reicher, würde sich die Investition in urbane Wasserlagen in den meisten Fällen lohnen, da die Modernisierung alter Industriebrachen gerade im Ruhrgebiet zu einer enormen Aufwertung der Region führe.
In Westfalen haben aber nicht nur die Ruhrgebietsstädte das Wohnen und Arbeiten am Wasser als Standortfaktor für sich entdeckt. In Münster hat sich seit 1997 der Stadthafen vom Umschlagplatz zum Kreativkai entwickelt. Dort, wo früher Güter gelagert und Schiffe repariert wurden, befinden sich jetzt Restaurants, Musikclubs, Werbeagenturen und Ateliers. Die 244 Räume sind fast komplett vermietet und haben nach Ansicht von Experten die traditionsreiche Stadt um ein junges, lebendiges Viertel bereichert.
Auch in Südwestfalen soll das Wasser zurück in die Städte geholt werden und für mehr Lebensqualität sorgen. Im Rahmen der Regionale 2013 befassen sich gleich mehrere Projekte mit der Freilegung von Flüssen oder der Verknüpfung von Seen mit den Innenstädten. Grünes Licht gab es bislang für die Initiative "Hochschulstadt im Fluss", mit der Meschede die Henne in das Stadtbild integrieren will, sowie für das Projekt "Siegen " Zu neuen Ufern". Dabei soll die Sieg freigelegt werden, um die Innenstadt attraktiver zu machen. Bürgermeister Steffen Mues geht davon aus, dass bereits ab Frühjahr 2014 die ersten Passanten über die Uferpromenade flanieren können.

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